Seminar „Nachhaltigkeit für Support Positionen“

Tag eins, Montag

Der Tag beginnt phantastisch, nämlich einfach mit aufwachen vor dem Wecker, also fast so gut wie quasi ausgeschlafen, nach fetten 4 1/2 Stunden. Ich lass es halt einfach immer krachen… Die Sonne geht gerade auf und bemalt dabei den Horizont. Muß man einfach fotografieren, kann man nicht gegenan. Dann kommt sie langsam ganz raus und zeigt, daß da hinten auch noch Berge sind, sogar mit Schnee. Bis vor zwei Wochen soll hier unten ja knietief Schnee gelegen haben. Davon ist aber leider nichts mehr übrig, bei 9-10° Tagestemperatur. Und so blöd das auch für einen Januar ist, ist das Wetter heute wirklich herrlich.

So schäle ich mich also langsam aus dem Bette, dusche mich sauber und ziehe mich präsentabel an, nachdem ich mich sogar rasiert habe (there’s no second chance to make a first impression). Dann folge ich dem Rat, mir ein Frühstück kredenzen zu lassen, gehe in den ersten Stock und rüber ins Nachbargebäude. Dort ist der dazu gewidmete Raum, in dem ein Tresen mit Frühstückszeug steht und in dem schon ein, zwei Menschen sitzen. Zusammen mit mir kommt ein weiterer Gast rein, der später an dem Managementseminar teilnimmt. Während wir essen, sprechen wir ein bißchen darüber. Er kommt aus der Agrarbranche und nebenan sitzt ein weiterer Gast, der von Porsche kommt. All dies spielt sich vor einer netten Aussicht zum Hof ab, so daß man gern dort sitzen bleiben könnte.

Dennoch kehre ich noch mal zurück ins Zimmer und packe meine Siebensachen, um daraufhin zum Seminarraum zu gehen. Natürlich nehme ich mein Merch-Täschchen mit sowie Stift, Zettel und iPad, das ich dann doch nicht benutze. Draußen fällt mir, jetzt bei Tageslicht, auf, daß die Uni ein großes Bienenhaus aufgestellt hat. Gute Sache. Dann aber rein, Tagungsraum suchen, finden, Namensschildchen und Zeug ablegen, begrüßt werden, Leute erkennen, Kaffee schnappen.

Die anderen Teilnehmer stammen teils aus Deutschland, überwiegend jedoch aus der Schweiz. Dankenswerterweise sprechen Sie, u.a. mir zuliebe, Schriftdeutsch, wie es der Kursleiter nennt. Wart Ihr mal in der Schweiz? Ja, da spricht man Deutsch. Aber für mich Norddeutschen ist es doch schwer, bei diesem Einschlag ernsthaft einer Konversation zu folgen, und ginge sie nur über Hühnersuppe.

Der erste Beitrag geht um Marketing und Greenwashing und was das Bewerben der eigenen Grünlichkeiten für ein semantisches Minenfeld geworden ist. Denn während wahrscheinlich die wenigsten Unternehmen absichtlich ihre Abnehmer belügen wollen, ist es nicht jedem gegeben, die möglichen Folgen der eigenen Kampagne abzusehen. Es ist mittlerweile soweit gekommen, daß Unternehmen lieber gar nichts mehr über Ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen mehr sagen, als sich dem Vorwurf des Greenwashings auszusetzen. Greenhushing nennt man das.

Dann Mittagspause mit Essen. Alles sehr fein und das Buffet ist lecker und größtenteils fleischlos. In der Pause gehe ich auf die Aussichtsterrasse und laufe ein bißchen durch die Gegend. Das Gebäude bietet auch ein paar Gesichter, die ich sofort meiner Sammlung einverleibe.

Nach der Pause folgt eine Vertreterin eines großen Schweizerischen Pensionsfonds. Die haben zwar sehr viel Geld in Verwaltung, dürfen es aber nicht einfach nach Gutdünken irgendwohin investieren, da sie treuhänderische Pflichten erfüllen müssen. Doch etwas Spielraum gibt es schon und den möchten sie auch nutzen, nachaltige Anlagen in ihr Portfolio aufzunehmen. Gleichzeitig haben große Investoren wie sie natürlich auch einen gewissen Einfluß auf die Entwicklung ihrer Geldnehmer, was nicht außer Acht zu lassen ist. Daher wird auch nicht jede missliebige Anlage rausgeschmissen, sondern man versucht sich auch darin, sie zum Besseren zu bewegen. Es gibt halt nicht immer nur den einen Weg.

Als letzter Beitrag des Tages kommen eine Vertreterin und ein Vertreter der Swiss Fluglinie, die uns einen tiefen Einblick in deren Sustainabilityprogramm geben. Das ist schon beeindruckend. Natürlich wird da nach wie vor viel ausgestoßen, doch auch die Swiss bemüht sich kräftig, die Emissionen runterzubekommen, durch sustainable aviation fuels (SAF) und modernere, sparsamere Flugzeuge und noch dies und dann noch das. Und da man sich nach wie vor in Konkurrenz mit allen anderen Fluglinien befindet und ein Geschäft betreibt, befinden sie sich auch in entsprechenden Zwängen, die sie behindern. Sehr guter Vortrag und tolle Vorträger.

Dann ist endlich Zeit für Gruppenarbeit. Wir werden in drei Gruppen geteilt und bekommen jeder ein Thema, das wir bis Freitag vorbereiten müssen und es dann vortragen. EiEiEi.

Tja, und dann ist der Tag auch schon rum. Ich gehe noch mit einer Gruppenkollegin zurück ins Haupthaus zum Essen und dann machen wir uns an unsere Rechner. Sie zum Reste wegarbeiten, ich zum Mails wegmachen und dies hier schreiben. Und dann reicht es auch für diesen zweiten langen Tag in Folge, also jetzt schnell ab in die Koje.

Nach St. Gallen

Sonntag ist normalerweise ein entspannter Tag für alle. Ausschlafen, Kaffee, Frühstück oder andersrum, rumhängen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Tja, Pustekuchen.

Ich darf auf ein Seminar in die Schweiz. Yeah! St. Gallen! Rock! ESG for Support Positions. That’s me, my dear! So, aber wo war das gleich? Süden, ok, verstandne. Wie komm ich da hin? Was, Bahnstreik…? WIE komme ich da hin? Fliegen??? Na super, bester Einstieg ever…

Ok, also ich fliege zu einem Nachhaltigkeitsseminar. Fühlt sich erst einmal unpassend an und ich muß es mir erst einmal schönreden. Sage mir, wenn ich die dort gewonnenen Erkenntnisse umsetzen kann, beabsichtige ich einen deutlich größeren positiven Impact zu erzeugen als ich jetzt verursache. Dann geht’s erstmal wieder.

Und dann geht es los. Nachdem ich um 12.30 das Haus verlassen und mit Freunden auf Twitch einen 3-stündigen Spaß-Stream mitgemacht habe (Tresenlesen-Revival mit Poki, Anne und Gunnar mit Vorlesen und Musik), renne ich leicht hektisch fleckig zur U-Bahn, kriege auch die richtige, bekomme den einzigen Bus, der rechtzeitig zum Flughafen fährt, lasse mich dort dann vom Sicherheitspersonal ordentlich filzen und entspanne mich dann endlich am Gate mit einem lauwarmen Cappuccino in meinem Freshfields-Merch-Kaffeebecher.

Dann einsteigen, Stunde fliegen, dabei meine Nachbarin Daniela treffen, die gerade bei der Swiss anfängt. Leider sitzen wir nicht nebeneinander aber ich warte nach der Landung auf sie und wir schwatzen noch fix was weg und sie sagt mir noch den Weg zum Bahnhof.

Und es ist nachgerade unfassbar einfach, alles zu finden und zu machen. Ich laufe den Schildern nach, finde dort sofort einen Automaten, der mir problemlos eine Karte nach St. Gallen verkauft und dann finde ich sogar auf Anhieb das richtige Gleis. Total super alles so! Und es gibt Gepäcktrollis, die man auf die Rolltreppe rollen kann, die dann mitfahren. Sehr lässig.

Dann sitze ich im Zug und bewundere die Schaffnerin, die gefühlt 10 Minuten mit Engelsgeduld auf einen Schwarzfahrer einspricht, der ihr nachher sogar noch einen schönen Abend wünscht. Bei mir ist nichts zu beanstanden, da der Automat alles richtig gemacht hat. Bei der Gelegenheit spreche ich ihr meine Hochachtung aus.

Angekommen in St. Gallen suche ich nach einem Stadtplan an den Bushaltestellen. Finde ich zwar nicht, aber ein stark eingeschränkter Rollstuhlfahrer und ein Busfahrer weisen mir den Weg zum richtigen Bus (ich habe nämlich eine Mobility Card) und der Busfahrer fährt mich sogar bis vor die Haustür, da ich zu dem Zeitpunkt der letzte Passagier bin. Geht es besser?

Dann stehe ich vor dem Alumnihaus und klingele. Falsches Haus, soll noch mal 100 Meter auf den Campus. Mach ich. Werde freundlich um kurz vor 0.00 Uhr begrüßt. Ein freundlicher Student händigt mir meine Türkarte fürs Alumnihaus, Zimmer 213 aus. Türkarten kann ich. Also tapere ich zurück und gehe zuerst in die nette Bar/Cafeteria/Frühstücksdings und kucke mich um. Nehme mir gleich auch ein Schützengarten Edelspez mit nach oben, wo ich mich dann gleich häuslich niederlasse, natürlich nicht, ohne vorher eine wildfremde freundliche, vor der Tür rumstehende Frau zu grüßen und uns gegenseitig einen angenehmen Aufenthalt zu wünschen.

Das Zimmer ist warm und hat alles, was es braucht. Bett mit drei Sorten Kissen für jeden Schläfertyp, Bad mit Dusche, Schreibtisch, Schränke. Als erstes wird natürlich das WLAN eingerichtet (if trees gave off WiFi, we’d plant them like crazy. Too bad they only produce the oxygen we breathe) und nach Hause gemeldet, was ich lustiges gesehen habe. Dann die ersten Zeilen verfassen und versuchen das Handy zu verkoppeln, was vorerst kläglich versagt. Hoffentlich klappt das später mit der Kamera-SD-Karte…

Na gut. Dann mal genug für heute. Ich muß ins Bett. Morgen mehr 🙂

Liebe Grüße
Riklef

Nach Mexiko zur Sonnenfinsternis

Ich habe an der Uni mal Lateinamerikastudien studiert. Als Nebenfach. Das gibt es wirklich, es hat mir Spaß gemacht und es war damals auch wirklich interessant. Heute ist es das sicher auch noch, aber da bin ich ja nu lang raus. Und dann habe ich 1999 in Süddeutschland die Sonnenfinsternis erlebt. Das war ein besonderes Erlebnis für mich, welches mich nachhaltig beeindruckt hat. Nun werde ich diese beiden Dinge endlich zusammenbringen.

1999 war ich mit Freunden nach Süden gefahren, um die Sonnenfinsternis zu anzusehen. Als wir in Saarbrücken ankamen, regnete es jedoch in Strömen und man konnte am Himmel nur die Regenwolken sehen. Dennoch war es bis zur Verdunkelung so taghell, wie es eben mit Wolken noch werden kann. Alles war normal zu sehen und nichts deutete auf das bevorstehende Ereignis hin.

Doch dann verdunkelte sich die Szenerie abrupt. Binnen Sekunden war alles nachtschwarz, die Straßenlaternen gingen an, Leuchtreklamen strahlten auf, die Autos machten ihre Scheinwerfer an und – und das war für mich das Besonderste – die Vögel begannen zu singen.

Ich fand dieses Ereignis in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert:

  1. Bis kurz vor Beginn, ließ sich nichts bemerken, die Menge an Sonnenlicht, selbst des schmalsten Streifens Sonne, reichte völlig, um alles zu beleuchten.
  2. Trotz der Ankündigung und des vollen Bewußtseins über die Sache, waren alle, ich genauso, überrascht und überwältigt.
  3. Sowohl die künstliche als auch die natürliche Umwelt reagierte gleich auf die Dunkelheit.

Es stellte sich auch das Gefühl ein, daß die Nachtschwärze einfach bleiben könnte. Wie man als Mensch halt so empfinden kann. Der Moment ist die Ewigkeit. Kein Wunder, daß in früheren Zeiten die Angst vor diesen Ausnahmezuständen groß war.

All dies beeindruckte mich, wie gesagt, recht ordentlich und als ich später Kinder in die Welt setzte, formte sich in mir der Gedanke, ihnen dieses Erlebnis auch zu ermöglichen.

Nun ist es nicht einfach, mal eben eine Sonnenfinsternis zu erleben, denn sie finden a) nicht andauernd und b) nicht einfach überall statt. Nun ja, eigentlich ist doch genau dies das Problem. Sie finden irgendwo statt, mittlerweile zwar vorhersagbar, jedoch an sehr unterschiedlichen, meist weit entfernten Orten: in der Antarktis, über Sibirien, einmal quer über den Pazifik…

Die nächste totale Sonnenfinsternis, bei der sich die Welt um einen herum verfinstert (denn es gibt unterschiedliche Formen), findet 2024 in Nordamerika statt. Sie beginnt vor der Küste von Mexiko und läuft dann quer über den Kontinent, bis hoch nach Kanada und dann fix noch mal auf den Atlantik raus. Zu dieser werden wir fahren, nach Mexiko, Lucy und ich. Und ich bin furchtbar aufgeregt.

Ich erwähnte zu Beginn, daß ich früher Lateinamerika-Studien studiert hätte. Während all meiner 1.000 Jahre Studiums, hatte ich es jedoch nie hinbekommen, auch nur einmal den Fuß in die Neue Welt zu setzen. Das habe ich oft bedauert, doch das wird sich nun ändern.

Ende 2022 habe ich herausgesucht, wo und wann dieses Ereignis stattfinden würde und habe begonnen, darauf hinzusparen. Ich dachte mir, wenn man sich schon auf einen derart weiten Weg macht, sollte man sich die Zeit nehmen, dort auch etwas anzusehen. Also fliegen wir Mitte März nach Cancún in Yucatán und fahren dann nach und nach mit dem Bus durchs ganze Land bis nach Mazatlán an der Pazifikküste, wo wir dann die Sonnenfinsternis erleben wollen.

Wir wollen dabei viele Orte besuchen: Chichén Itzá, Uxmal, Mérida, Palenque, Oaxaca, den Popocatépetl, Mexico City, Teotihuacán, … jeder Ort ein Universum für sich. Und wir haben nur vier Wochen…

Dies soll der Beginn meines Reiseblogs werden, der weit vor dem Abflug ansetzt. Mal sehen, ob ich dadurch ruhiger oder noch aufgeregter werde.

Wandern gehen II

Nachdem wir also bis zwei Uhr Nachts zweimal fast erfolgversprechend versucht haben, gegen das Spiel zu gewinnen, sind wir dann doch ins Bett gegangen und als wir wieder wach genug sind, um nach Kaffee zu suchen, regnet es. Macht nichts, denken wir und frühstücken uns voran. Daraufhin machen wir uns tagfein und gehen mal vor die Tür. Drinnen hocken können wir auch zu Haus, dafür brauchen wir keinen Ausflug. Mit Regenjacke und Kapuze geht das auch, denn wir wissen ebenfalls, daß wir nicht weit von der Behausung sind.

Direkt vor der Tür befindet sich ein kleines, gut gepflegtes Bushäuschen mit großem Buchtauschregal darin. Wer möchte, kann hier Bücher ausleihen oder ganz mitnehmen sowie eigene Bücher stiften. Das Häuschen findet sofort meine Sympathie, zumal auch ein paar Kuscheltiere auf die Bücher aufpassen. Doch wir haben genügend Lekture und Unterhaltung mit und gehen daher erfreut zurück in den Regen.

Dann laufen wir einmal ums Dorf. Hinterm Haus am Feld entlang, ein paar Schafen hallo sagen, Dorfstraße runter, bergab den munter plätschernden Graben begleiten, dann irgendwo wieder bergauf und zurück zum Haus. Und da wir jetzt schon in Bewegung sind, können wir auch genauso gut mal ins Nachbardorf fahren und nach Postkarten und anderem Ferienzeug kucken.

Auf der Fahrt dahin unterhalten wir uns darüber, daß in den Nachrichten vorwiegend schreckliche Ausnahmefälle präsentiert werden. Nachdem ich Rutger Bregmanns Im Grunde Gut gehört habe, teile ich dessen Meinung, daß dieser Umstand nicht an einer oft postulierten, prinzipiellen Schlechtigkeit der Menschen liegt, sondern an anderen Dingen, wie dem Negativity Bias, also der biologischen Neigung, schlechtes schneller wahrzunehmen (als Steinzeitmensch wäre man sonst viel schneller gefressen worden). Daher verkaufen sich schlechte Nachrichten in den Nachrichten einfach besser, was aber auch dazu führt, daß man glaubt, die Welt werde permanent immer schlechter.

Um uns davon abzulenken, beäugen wir in einem Kunsthandwerkladen dicke Porzellankatzen und allerlei Gartenzwerge. Michael kauft, von der absoluten Notwendigkeit getrieben, lustige Porzellanpilze und ich zwei Postkarten, die nichts mit der Gegend zu tun haben, aber Eichhörnchen sind nun mal so putzig, wer kann daran schon vorbeigehen?! Dann essen wir nebenan in der Sonne Rösti mit Spiegelei und genehmigen uns dazu eine sehr süße Faßbrause. Ein feiner Tag!

Als alles gegessen ist, fahren wir zurück. Der Tag ist schon fast halb vorbei, da lohnt eine große Ausfahrt nicht mehr so, aber etwas Bewegung soll schon noch sein. Also sehen wir nach, was für Routen direkt vom Dorf aus beginnen und gehen, die Wanderstöcke gezückt, noch einmal los. Vom Feldweg von heute früh sieht man schon den Hügel/Berg, auf den es jetzt gehen soll. Auf dem Weg finden wir verschiedentliche Schilder mit historischen Erläuterungen, daß z.B. die Gründer von Papstdorf damals die Wenden von hier vertrieben hätten und Einzelne von ihnen, die sich im Kampf oder Aufbau verdient gemacht hätten z.B. mit einem Erblehen belohnt wurden, also mit Land, das dann vererbt wurde, zu dem aber auch das Vorrecht der Gerichtsbarkeit gehörte. Erbrichter, krasse Vorstellung. Das alles erinntert mich stark an den Nahostkonflikt, da ja dort auch nicht auf der grünen Wiese vor der Stadt besiedelt wurde. Überall leben immer schon andere Menschen. Wenn man die vertreibt, sind die meistens nicht sehr erfreut darüber und man muß mit langen Querelen rechnen.

Wir allerdings vertragen uns vortrefflich und klettern durch den Wald, vorbei an einem Damwildgehege, dann bergauf, dann mal ab vom eigentlichen Weg und um den Fels herum. Das erweist sich als sehr hübsch, wenn auch manchmal als recht unwegsam. Doch der Weg lohnt sich und wir kraxeln an der Stelle vorbei, an der in den 1980er Jahren mal ein Teil Felswand abgebrochen ist, um eine 30 meter breite Schneise in den Wald zu reißen. Oben sehen wir diese Bruchkante sowie noch einige der abgebrochenen Felsen. Puh, da möchte man nichts von abbekommen…

Nach einer Weile finden wir den Weg zum eigentlichen Pfad zurück und begeben uns zur Spitze des Berges, wo uns, wie immer, eine kleine Gastwirtschaft begrüßt, die auch gut besucht ist. Sie ist allerdings so dunkel und mir etwas zu muffig und außerdem hat keiner Hunger, weswegen wir uns bald wieder auf die Socken machen, natürlich nicht, ohne vorher ein paar Lustige Gipfelbilder gemacht zu haben.

Der Abstieg folgt dann eher den vorgetrampelten Pfaden, wobei wir uns bei einem nicht sonderlich sicher sind. Dennoch finden wir den rechten Weg, der uns auch an einer Höhle vorbeiführt, die damals zur Gewinnung von Sandstein gegraben wurde, um daraus Putzsand herzustellen. Stelle mir das komisch vor, das heimische Wahrzeichen abzutragen, zu zermahlen und dann damit die Stube zu fegen. Doch nun sind wir auch rechtschaffen müde und machen uns auf dem Heimweg. Wir haben ja noch was wegzuspielen am Abend. Und obwohl wir „nur mal kurz noch“ eine kleine Runde drehen wollten, sind wir wieder 3-4 Stunden unterwegs gewesen.

Zurück zu Haus, ruht jeder für sich noch ein Weilchen durch die Gegend (Michael telefoniert mit seiner überwiegend kränkelnden Familie, ich lerne Schwedisch). Dann werden Abendbrot und Spiele aufgebaut. Heute sind Ark Nova und Paleo dran. Im ersteren muß jeder versuchen, den besseren Zoo zu bauen, mit Tieren, Zucht- und Auswilderungsprogrammen im zweiteren versucht man gemeinsam den Tag in der Steinzeit zu überleben und im Bestfall zusammen eine Höhlenmalerei zu erschaffen. Beide erfordern allerhand Aufbau und Erklärungen doch darin sind wir schon recht gut geworden. Hauptsache, einer hat sich die Regeln schon mal angesehen.

Doch dies ist auch schon unser letzter Tag, denn tags darauf geht es schon nachts um 7 wieder zurück da Michael gern seiner Familie zur Seite stehen will (prima Papa!) und wir sonst erst um 1.000 Uhr ankämen. Und so packen wir nach unserer letzten Runde alles wieder sorgfältig ein, putzen einmal durch die ganze Bude, legen uns in die Koje und kratzen uns dann morgens früh um 6 aus den Betten. Kaffee rein, Restefrühstück und los, 5 1/2 Stunden Fahrt.

Schön war’s! Das machen wir wieder!

Wandern gehen I

Irgendwann kommt der Zeitpunkt, da gehen Menschen wandern. Wandern, das ist wie spazieren gehen, nur ohne befestigten Weg und da, wo es schön ist. Und damit es nicht nur wie spazieren gehen aussieht, ziehen sich viele dazu besondere Klamotten an, besorgen sich Blechstöcke und laufen mit Vorliebe Berge rauf und runter.

Nun bin also auch ich unter diesen Leuten und ich muß gestehen, daß es mir ganz gut gefällt, wenngleich ich natürlich verschiedenes nicht bieten kann, wie z.B. die Blechstöcke. Feste Schuhe hatte ich noch im Schrank, meine Alltagshose erwies sich durch Zufall als Treckinghose und Wanderstöcke habe ich uns am Wegesrand aufgesammelt und mit der Taschensäge zurechtgekürzt. Ich bin nämlich mit einem Freund unterwegs und so können wir endlich einmal stundenlang schwätzen, ohne daß uns irgendwann der nächste Arbeitsmorgen in die Nachtruhe zwingt.

Wir haben daneben aber noch mehr vor: diverse Brettspiele sind im Gepäck, jedes davon mit dem Potential mehrerer Stunden Beschäftigung. Und wenn nicht gewandert oder gespielt wird, wird gelesen oder gekocht und gegessen. Die Langeweile wird uns sicher nicht heimsuchen.

Doch zuerst geht es los: Freitag freigenommen, Donnerstag früher Schluß gemacht, losgefahren. Es geht ins Elbsandsteingebirge, da bei Dresden, weit, weit weg. Fünf bis sechs Stunden Fahrt und dann bei Nacht ankommen. Dazwischen Musik hören, schwätzen, Proviant artgerecht verringern, an Rasten halten und Kaffeebecher auffüllen lassen, im Zielgebiet noch eine Tanke um zwei Flaschen Bier erleichtern und dann in guter Bettschwere schlafen gehen.

Der Freitag beginnt super. Beide wachen auf und die Sonne scheint. Ist aber noch viel zu früh und so entscheidet jeder für sich, man solle sich besser noch einmal hinlegen, bis die Uhrzeit einem verlängerten Wochenende besser zu Gesicht stehe. Dann aber Frühstück und die Unterkunft bei Lichte betrachten.

Idyllisch ist ein matter Versuch es zu beschreiben. Gelegen mitten im Dorf, gleich neben der Kirche, ist es ein sehr hübsches, altes Pfarrhaus, das zu einer Pension umgebaut wurde. Geschmackvoll und modern saniert und mit diversen schönen, alten Möbeln eingerichtet (sitze gerade am schönen Sekretär mit Bücherregal darin). Direkt an die Küche schließt sich eine große Balkonterrasse mit Blick auf den Kirchturm und nach vorn hinaus sieht man die ruhige Dorfstraße und die befelderten Hügel hinterm Dorf.

Während wir uns noch zum Auswandern bereit machen, kommt die Hausdame und fragt, ob denn alles zum Rechten stünde. Wir so, ja, sehr, tolles Haus und so und fragen gleich nach einer Wanderempfehlung. Sie dann so, ja, gehen Sie doch da und dahin, das ist schön und nicht so überlaufen. Wir so, prima, machen wir. Und dann geht es auch schon los. Werfen den Rucksack und die Kamera ins Auto und begeben uns auf LOS!, was im Polenztal ist. Parken, Rucksack auf, Kamera um und los, rein in den Wald und wandern.

Sehr schön hier! Das hat schon was mit dem Wandern, wenn man für Natur ist. Bin ich ja und von daher paßt es auch so gut. Während man geht, muß man allerdings viel auf den Boden gucken, denn der ist sehr uneben oder mit Wurzeln durchwachsen. Da bleiben wir halt öfter mal stehen, um uns umzusehen, denn auch über Fußhöhe ist die Gegend sehr sehenswert.

Besonders beeindruckend sind dabei immer wieder Bäume, die offensichtlich auf großen Felsbrocken angefangen haben zu wachsen und nun Ihre Wurzeln meterweit nach unten recken, wo dann endlich Erde kommt. Ein weiterer Hingucker für mich: die schiere Menge an verschiedensten Pilzen, die hier so aus Baum und Boden sprießt sowie das puschlige Moos, das überall an den Felsen wächst. Muß es immer wieder anfassen.

Nach einiger Zeit kommen wir dann zum Aufstieg, der sich auf über 900 Stufen hinauf zieht. Immer wieder bleiben wir stehen, kucken zurück auf die Waldlandschaft hinter uns und freuen uns über diesen Ausflug. Die Freude am im-Wald-Rumlaufen scheint auch eine alte Sache zu sein, denn beim Aufstieg finden wir alte Einkerbungen von Jahreszahlen im Sandstein, von denen die älteste 1751 ist. Wer damals wohl seinen Schreibmeißel da am Berg gewetzt hat. Wenn man das macht, denkt man doch immer: Mann, kannste doch kein Datum von heute hinkratzen, ist doch voll peinlich und gar nicht alt… Muß man halt echt lang warten, bis das was hermacht.

Irgendwann kommen wir oben an und entdecken, daß man da auch mit dem Auto hinkommt. Na, wollten wir ja auch nicht, ist aber schon witzig. Wir setzen uns in das dortige Resto und essen erst einmal was, denn es fängt kunstgerecht gerade an, etwas zu regnen. Essen gut, alle zufrieden, weiter.

Nun geht’s wieder bergab durch den Wald. Mehr Pilze, mehr Bäume, mehr Felsen. Sehr schön! Wirklich! Und kaum andere Menschen. Nur ein schwarzes Eichhörnchen ergänzt die Szenerie. Unten angekommen, plätschert die Polenz an der alten Mühle vorbei in Richtung Elbe. Wir folgen Ihr, denn sie weiß, wo das Auto steht. Der Weg führt vorbei an einem Gebiet, daß kürzlich besägt wurde und wo jemand einen Baumstumpf zu einem kleinen Thron behauen hat. Wir natürlich sofort drauf, Einer nach dem Anderen. Sitzt sich gut und mit feiner Aussicht.

Doch nun wirklich zurück. Auto gefunden, eingestiegen, einkaufen fahren. Der sich nun ankündigende Abend sieht uns Chili kochen, lesen, schreiben und dann das erste Spiel bestreiten: Frost Punk. Große Spannung, doch dazu morgen mehr.

Mehr tauschen, weniger wegwerfen

Mini-Tauschregale für Treppenhaus und Vorgarten
Mini-Tauschregale für Treppenhaus und Vorgarten

Vor einiger Zeit hatte ich über mein Tauschregal in Uhlenhorst geschrieben, ein einfaches, etwas wetterfest gemachtes IKEA-Regal, das ich aufgestellt hatte, um dem Viertel die Möglichkeit zu geben, Geliebtes Ausgedientes weiterzugeben anstatt es wegzuwerfen.

Dieses Regal wurde außerordentlich rege genutzt und war Zeit seines Daseins Magnet und Treffpunkt für viele Gespräche sich sonst unbekannter Nachbarn. Viele blieben stehen und unterhielten sich mit anderen, die dort standen oder dazukamen. Die Kinder liebten es und wollten immer am „Tauschi“ vorbei, um nach Schätzen zu suchen.

Natürlich gab es auch die andere Seite, auf der oft Unrat abgeladen wurde, Kleidung ins Regal gestopft wurde und es sehr unordentlich und unansehnlich aussah. Doch viele kümmerten sich regelmäßig und so blieben diese Zustände selten von Dauer. Dennoch störte das einen erbosten Nachbarn so sehr, daß er eines Tages alles abriss und zum Recyclinghof karrte.

Inzwischen haben wir an anderer Stelle ein tolles neues Tauschregal aufgestellt, das auch wieder Nachbarschaftsmagnet ist und um das sich ebenfalls viele kümmern.

Letztlich sind solche Tauschis aber immer noch viel zu wenige und zu weit verteilt, denn es wird nach wie vor viel zu viel nutzbares weggeworfen. Daher habe ich begonnen, Mini-Tauschis aus Restholz zu bauen, das sich immer wieder bei mir anfindet. Gute Orte dafür sind Treppenhäuser und Vorgärten (dann natürlich wetterfest), damit man selbst kurze Wege zum Ablegen hat und sich außerdem täglich darum kümmern kann. Denn schließlich soll es ja für alle Seiten ansprechend bleiben.

Um die Idee weiter zu verbreiten, darf ich am 15.10.2022 beim Nachhaltigkeitstag in der Kunstklinik in Eppendorf einen kleinen Workshop dazu geben, wie man sich aus ein paar alten Brettern ein eigenes Tauschregal für den Vorgarten bastelt. Wer Lust hat, dahin zu kommen, schaue sich unbedingt das Programm an. Es lohnt sich und die Kunstklinik ist auch immer eine Reise wert.

Ergänzung vom 16.10.

Dies ist dann bei der Aktion rausgekommen: ein Pflanzentauschregal für die Kunstklinik Eppendorf, gebaut aus zwei Euro- und einer Einwegpalette.