Tag 2: Teotihuacán, Spaziergang mit Markt, Monumento a la Revolución, Palacio de Bellas Artes, Zócalo, …
Zweiter Tag, erster großer Ausflug. Heute: Teotihuacán.
Als dummer Europäer verfällt man schnell auf den lustigen Gedanken, all diese alten Kulturen da drüben (also für mich gerade hier drüben) hätten sich sicher gekannt und wären alle gleichzeitig dagewesen. Aber nix da, denkste Puppe! Wie überall auf der Welt, gab es auch über ganz Nord- und Südamerika etliche Kulturen über tausende von Jahren verteilt. Eine davon war die monumentale Zivilisation von Teotihuacán im Tal von Mexiko.
Denkstedir, na, die waren sicher mit den Atzteken per Du, wa? Aber wieder Pustekuchen, die kannten sich nicht mal von Ansichtspostkarten. Während die Atzteken erst so in den 1300ern dicke wurden, waren die aus Teotihuacan schon lange tot und es gab nur noch ihre Ruinen, die schon ca. 600 Jahre verlassen waren aber so ehrfurchterregend, daß die Atzteken (die sich übrigens auch nie so genannt haben) jene Stätte „Wo man zu einem Gott wird“ nannten, das soll „Teotihuacán“ auf Nahuatl, der Sprache der Atzteken, bedeuten. War wohl was.
Whatever, wir wollen da hin und alles ankucken. Tag hat begonnen, Sonne ist raus und wir machen uns auf den Weg. Pfeifen uns nen UBER ran und sagen „LOS!“. Was uns nicht sooo klar ist, ist daß man auch im UBER eine gute Stunde fährt, denn es liegt knapp 50km weit weg. Je nun, dann ist das halt so. Zurück nehmen wir halt den Bus.
Dort angekommen gönnen wir uns vor der Tür noch etwas zu Essen, denn drinnen, so heißt es, wird es nichts mehr geben und diese Konsequenz will niemand erleben. Das Drinnen ist nämlich riesig, Wikipedia sagt ca. 250 hektar. Die laufen wir zwar nicht vollständig ab, aber viel ist das schon.
Tickets sind gekauft und dann gehen wir los, vorbei an einem Parkplatz, auf dem gerade ein Pfahl mit Voladores steht. Dieses Ritual ist inzwischen UNESCO Kulturerbe und es besteht darin, daß vier Männer je ein eigenes Seil an der Spitze um den Pfahl wickeln, es dann um den Bauch knoten und sich dann rücklings am Seil runterbaumeln, wodurch sie um den Pfahl fliegen wie ein Kettenkarussell, während oben ein fünfter trommelt und flötet. Schon ne Sache! Wir also kuck, kuck, knips, knips und dann fein Danke und hier haben Sie 20 Pesos von uns für die Vorführung. Dann weiter, rein in die Anlage.
Es ist heiß und es gibt keine Bäume. Gut, daß wir Hüte haben, wir Mexikaner. Nun rein ins Kulturleben und wir beginnen ganz im Süden, beim Tempel des Quetzalcóatl. Jeder, der seine drei Worte Nahuatl beisammen hat, weiß natürlich, daß Quetzal ein buntgefiederter mexikanischer Vogel ist und Cóatl offensichtlich Schlange heißt. Also im Alltagsdeutsch die gefiederte Schlange. Wie so einigen, wurde auch dem lustig geopfert und dazu brauchte man natürlich auch einen fetten Tempel mit großer Treppe und Steinköpfen und so. Hat er bekommen und den kucken wir, als Einstieg, fleißig an.


Dann geht es weiter auf „die Straße der Toten“. Die Straße der Toten ist einiges über einen Kilometer lang und man nimmt heute an, daß sie früher noch viel, viel länger war. Rechts und links ist sie von Tempeln und anderen Gebäuden gesäumt und im ersten Abschnitt kommen alle Nase lang dammartige Querungen, unter denen man, wenn man lustig ist, durch eine Art Drainagekanal durchkriechen kann. Machen wir natürlich.
Mitten auf dem Weg stehen immer wieder die fliegenden Händler, die alles verkaufen, was so in diesem Rahmen geht, z.B. Mayakalender (die an dieser Stelle gar nicht wohnten) oder allerhand schön polierte Obsidiandevotionalien (der hier durchaus genutzt wurde). Und wieder sind alle sehr freundlich und zurückhaltend. Wenn einer was will, dann wird er schon kommen. Ich mag Mexiko.
Dann die Sonnenpyramide. Rechter Hand von uns ragt sie über die Gebäude und ist ganz schön groß. Über einen weiteren Treppendamm kommen wir in den Hofplatz davor, um den herum und in dessen Mitte natürlich weitere Tempelchen stehen. Alles ist sehr groß und weitläufig, so wie auch die Pyramide. Leider dürfen wir nicht auf sie rauf, weshalb wir die zwei Archäologen und den Hund beneiden, die das einfach dürfen. Nach Corona hat man das wohl verboten, heißt es. Schade für uns, sicher gut für die Bausubstanz. Wir laufen also unten an der Pyramide rum und kucken alles an und machen Fotos.
Dann geht es zurück auf die Straße der Toten und dort zeigt sich ein Tempel, bei dem man durch Zufall einen überbauten Teil entdeckt hat. Bei einem kleinen Erdbeben stürzte ein Teil Mauer ein und gab eine Wandmalerei darunter frei, das Mural del Puma. Man hat damals nämlich einfach sehr oft bestehende Bauten überbaut und nicht immer neues Land versiegelt, zumindest, wenn man sich über seinen Vorgänger erheben mußte, so als Herrscher zum Beispiel. Türmchen drüber, schon war man toller. Sehr praktisch eigentlich. War die Grundlage ok, konnte das lang funktionieren.



Dann gehen wir weitere hunderte Meter und kommen auf die große Plaza vor der Mondpyramide, der „kleinen“ Schwester der Sonnenpyramide. Die Größenverhältnisse dieser Anlage sind wirklich enorm und würde man sich jedes Gebäude 10 Minuten ansehen, kämen man vor morgen sicherlich nicht raus. Doch an vielem können wir nur vorbeigehen, zumal es oft nichts zu lesen gibt.
Um die Plaza herum stehen viele Stufentempel und wir laufen einmal darum herum. Dann einmal an der Seite auf eine Plattform, um ein Bild von den Außmaßen mitsamt all der ameisig anmutenden Menschen darauf zu knipsen. Gleich daneben befindet sich der Palacio del Quetzalpapálotl (Palast des gefiederten Schmetterlings, offensichtlich), den wir noch besuchen mitsamt den anliegenden Behausungen, ober- und unterirdisch.






Dann sind wir für heute durch und knille, auch wenn wir gerade mal seit 2 1/2 Stunden hier durch die Sonne tapern. Wir folgen den Schildern in Richtung Ausgang, dammeln noch etwas durch die Stände und machen uns dann auf den Weg zu den Bussen. Eigentlich wollen wir einen UBER haben, doch die fahren hier nicht raus, was ich erst nach allerhand Warten bemerke („Ihr Fahrer kommt in 20-30 Minuten“). Ein Taxifahrer von dort erzählt uns also, daß dort gegenüber immer wieder Busse in die Stadt vorbeikommen. Daher warten wir jetzt einfach auf so einen. Und siehe da, der kommt auch irgendwann und wir steigen ein und warten erst einmal weiter auf der Straße, weil der Bus nicht weiter kommt. Egal, Hauptsache sitzen. Und irgendwann geht es weiter und wir kommen langsam wieder zurück in die Stadt und sind keine 2 Stunden nach Ende der Visite schon wieder zu Hause. In Mexiko lernt man auch warten.



Nun ist es wohl fünf und es treibt mich noch mal nach draußen. Schließlich gibt es so vieles zu sehen. Lucy und Sunja sind davon nicht zu begeistern, und sind ganz zufrieden damit, sich auszuruhen.
Ich also allein vor die Tür. Huii, aufregend! Und ab, die Straße runter. Alles um mich herum ankucken! Ich komme vorbei an einer Pulquería, einer Bar, in der man Pulque bekommt, vergorenem Kaktussaft. Davon habe ich gehört, also geh ich rein, probiere drei Sorten und lasse mir eine Flasche einer Sorte abfüllen. Und weiter gehts. Die Straße runter komme ich auf eine runde Plaza mitten im Verkehrskreisel, aber tiefergebaut, mit Zugängen von unten rein. Drinnen alle ganz entspannt, es wird Straßenmusik gespielt und es prangen feministische Leitsprüche an den Wänden, offensichtlich als Teil des Platzkonzeptes. Alles sehr nett. Dann geht es wieder da raus, die Avenida Chapultepec entlang, dann in eine hübsche Nebenstraße rein, hübsche Kirche und gegenüber die Casa Universitaria del Libro UNAM, das Haus des Buches der Uni, wie nett. Dann weiter, irgendwie zurück auf die Hauptstraße, wo ich an einem Mini-mini-Park ankomme mit lustigen Granittierchen, auf denen man sitzen kann, Nashorn, Grille, Giraffe, Wal, Bär.



Aber eigentlich will ich zum Monumento a la Revolución, also gehe ich wieder über die Straße und laufe direktemang in eine Markthalle, wo ich natürlich unbedingt kucken gehen muß. Dort sehe ich mir alles an und kaufe Zeug wie einheimische Nüsse, Trockenfrüchte und Huitlacoche, einen Pilz, der Mais befällt und den man dann braten und essen kann. Gab es schon in Oaxaca im Taco, muß also probiert werden.



Dann wieder raus und den richtigen Weg zum Monument finden. Das geht vorbei an hübschen Innenhöfen, einem krassen Autofelgenladen, einem Modeevent (leider ohne Bild), Käfern, einem Laden mit Holzmotorrad sowie einem fancy verbogenen Hochhaus.






Dann bin ich da und stehe vor dem riesigen, vierbeinigen Käfer, der das Monument ist. Und ich bin zur perfekten Zeit angekommen, denn die Sonne beginnt unterzugehen und man kann mit dem Fahrstuhl rauf und runterkucken in Sonnenuntergang und Leuchtestadt. Ich also rein, doch zuerst muß man leider in den Keller, weil man dazu genötigt wird, dort die Revolution zu preisen und die zugehörige Ausstellung zu begehen. Auf ihre Revolution lassen die Mexikaner anscheinend nichts kommen.
Also abwärts und kucken. Dabei erfahre ich, daß dieses Bauwerk eigentlich Teil einer ganz anderen Sache werden sollte. Vor der Revolution plante der damalige Diktator Porfirio Díaz ein monströses Parlamentsgebäude bauen zu lassen zur Feier der 100jährigen Unabhängigkeit von den Spaniern. Während des Baus setzte man ihn jedoch ab und der Bau, bis dahin ein riesiges Stahlgerüst, blieb unfertig. Der Architekt jedoch, um sein Werk besorgt, schlug vor den zentralen Teil nun als Monument umzuwidmen. So wurden aus dem restlichen Eisenzeug Eisenbahnschienen gemacht und die Mitte wurde zum Quadratkäfer und Monument der Revolution, das bis heute besteht. Gute Sache!



Nach der Ausstellung darf ich dann auch nach oben und den Fahrstuhl unter die Kuppel benutzen. Ich bin einer der letzten Gäste des Tages und werde fein überall begleitet, damit ich auch den Weg finde. Ich befinde mich noch in der Mitte des Käfers und man weist mir die Stiege nach außen. Dort ist ein Rundgang um das Gemäuer, natürlich auch mit einem Café. Ich kucke ich einmal im Kreis nach unten und auf die Stadt und treffe dabei auf eine kleine Wartegruppe. Zu denen stelle ich mich dazu und nach nicht allzu langer Zeit bringt man uns durch eine kleine Tür und über enge Innentreppchen an die Spitze des Gebäudes.



Nun, ganz oben, sieht die Stadt drumherum mit all ihren Lichtern echt hübsch aus. Ich werde gebeten, das Kupferblech der Kuppel nicht zu zerkratzen, wovon ich augenblicklich ablasse, hatte ich es doch eh nicht vorgehabt. Wieder mache ich ein paar Rundfotos, bevor ich mich auf den Abstieg begeben muß. Drinnen in der Kuppel sieht es aus wie im Eiffelturm. Lauter Eisenstreben und enge Gänge. Auf den Etagen stehen weitere Infotafeln zu Bau und Revolution und ganz unten kann man noch etwas kaufen. Dann bin ich wieder raus.
Auf der Plaza davor spielt eine Truppe Trompete und es ist schon duster geworden. Doch es ist schön warm und nachdem ich am Straßenrand noch etwas zu trinken kaufe, geht es weiter, die Avenida Juarez entlang, in die Alameda Central, den Park daneben. Dort höre ich Musik, der ich folge und wo die spielt, tanzen die Menschen im Park Salsa oder Merengue oder irgendwas. Das finde ich sooo schön!


Gleich daneben ist der Palacio de Bellas Artes, der auch arg hübsch ist. Ich mache wieder Bilder und zeige anderen Touristen oder Einheimischen, daß der Marmorboden ein lustiges Gesicht macht.


Dann geht es weiter, die Fußgängerzone durch, die zum Zócalo führt, dem „Rathausplatz“ der Stadt, der natürlich noch vieles mehr ist. Dort steht die Kathedrale, ein riesiges Marktzelt, der Nationalpalast sowie die Reste des Haupttempels der Atzteken. Ganz schön viel auf einem Haufen. Und außerdem ist er gerade eine Baustelle und an einer Stelle hängt eine hübsche Lichtinstallation als Blumen.




Tja, nu is auch spät und ich bin wieder vier Stunden rumgelaufen und das war schön. Lucy ruft mich an, wo ich denn wohl wäre und ich solle mal ruhig wieder nach Hause kommen. Das mache ich dann auch und schnappe mir wieder einen UBER, denn mittlerweile bin ich über 7km von zu Hause weg. Das zu laufen, dauert sonst sehr lang. Also einsteigen, schwätzen, aussteigen, erzählen und dann ins Bett.