Die Sonnenfinsternis

In meinem Leben habe ich sicher viel Grütze veranstaltet, aber mit meinem Kind zur totalen Sonnenfinsternis nach Mexiko zu fahrne, war, so finde ich, eine sehr richtige und schöne Sache. Die Unterkunft war bereits vor Wochen gebucht, die Hinfahrt organisiert (16 Stunden Bus von Mexiko City aus), T-Shirts bestellt und bekommen und sogar der Ort war gefunden, an dem wir uns aufbauen würden. Nun also geht es los. Der Tag ist wirklich und endlich gekommen.

Wenn man fast zwei Jahre auf ein Ereignis wartet und es vorbereitet, wirkt es ausgesprochen unwirklich, wenn dieses Ereignis endlich vor der Tür steht und reingelassen werden will. Aber alles läuft. Kamera und Stativ sind im Rucksack, Wasser und ein bißchen Proviant sind da und jetzt stehen wir vor der Tür und warten auf den UBER. Die sind in Mazatlán eher schwer zu bekommen und man wartet gern mal eine ganze Weile. Erschwerend kommt hinzu, daß wir recht weit außerhalb hausen. Doch egal. Der Mensch kommt und sammelt uns ein und fährt uns dann ca. eine halbe Stunde bis in die Stadt.

Die ist über und über voll mit Menschen und vor den interessanten Stellen abgesperrt. Wir fahren bis einen Kilometer vor Zielort (Parque Ciudades Hermanas) und gehen dann den Rest. Dort angekommen, erwartet uns eine ordentliche Menschenmenge, die sich auf den Platz und die nahegelegene Strandpromenade ausdehnt. Man hat geschätzt, daß ca. 2 Millionen Menschen für die Sonnenfinsternis anreisen würden. Ganze Menge!

Wir dagegen haben es gemütlich, denn wir stehen bei der Astronomischen Gesellschaft von Mazatlán mitten auf dem Platz, in einem Bereich, der später sogar noch mit Sperrband abgezäunt wird, hihihi. Um uns herum stehen lauter Teleskope und verzückte Menschen wie wir. Es herrscht aufgeregt glückliche Stimmung und weiter unten steht eine große Bühne, auf der ein Orchester Science Fiction-Musik spielt. Natürlich ist Star Wars dabei und E.T. und noch so anderes. Es werden Reden gehalten und Funk und Fernsehen sind ebenfalls zugegen. An anderer Stelle im Orte ist die NASA aufgelaufen und hält alles mit schwerem Gerät fest.

Dagegen ist unsere Spiegelreflexkamera natürlich nur Kleinvieh, aber das sieht hier keiner so. Ein Kollege vom Planetarium bei Mexiko City bastelt mir aus echter Nettigkeit einfach einen Sonnenfilter für die Kamera, da ich keinen habe. Ich bin sehr glücklich darüber und probiere ihn sofort aus. So kann ich auch Bilder von der teilverdeckten Sonne machen und alle damit erfreuen. Wir kucken alles und alle an und freuen uns einen Keks, hierzusein.

Und dann beginnt DER TEIL. Um 9.51 beginnt der Mond, sich vor die Sonne zu schieben. Zuerst merkt man es nicht, es sei denn man hat, wie wir und alle anderen hier, eine Schutzbrille, mit der man direkt ins Sonnenlicht sehen kann. Dann sieht man, daß dort am Rand eine winzige Ecke rausgebissen ist. Alle sind fein aufgeregt.

Nach und nach vergrößert sich dieser Haps und wir gehen von Teleskop zu teleskop und schauen es uns dort an. Viele sind natürlich innerhalb Mexikos angereist, doch es gibt auch Wahnsinnige wie uns, die aus Europa gekommen sind. So zum Beispiel Romain, der mit seinem Equipment tolle Nahaufnahmen der Sonne macht, auf denen man perfekt die Sonnenflecken und Protuberanzen (Sonneneruptionen von mehrfacher Größe der Erde) sehen kann. Auch ein paar Italiener sind hier. Durch die Luft fliegen allerhand Dronen, die Luftaufnahmen machen und später einmal rundumfilmen, wenn es aus jeder Himmelsrichtung dämmert. Es ist alles ganz wunderbar. Später werden sogar wir in LeMonde auftauchen.

People take selfies as they watch and photograph a total solar eclipse in Mazatlan, Mexico, Monday, April 8, 2024. (AP Photo/Fernando Llano)

Nach ca. einer Stunde beginnt endlich der Showdown. Die Sonne ist nur noch eine schmale Sichel und es sind nur noch wenige Minuten bis zur totalen Verfinsterung. Mittlerweile ist es nicht mehr so heiß und hell, daß ich Hut und Sonnenbrille abnehmen kann. Dann beginnt das Licht immer fahler zu werden, die Temperatur immer kühler und dann ist sie plötzlich da, die totale Finsternis.

„Tenemos Totalidad!“, ruft begeistern der Mann am Mikro und wir alle rasten total aus vor Freude. Alles wird dunkel und alle und jeder starren gebannt nach oben, um zu erfassen, was da über uns kommt.

Zuerst sehen wir den Diamantring und die Bayley’s Beads, die sich zeigen, wenn das Licht der Sonne noch durch die Ritzen der Krater und Berge des Mondes zu uns vordringt. Dann steht der Mond direkt vor der Sonne und die Corona, die Sonnenatmosphäre, zeigt sich, die man sonst nie direkt sehen kann. Es ist ein magischer Augenblick.

Ich veruche wie ein Irrer, Bilder zu machen und dennoch diesen einzigartigen Moment zu erleben. Um mich herum ooht und aaht es fortwährend und ich kann auch kaum an mich halten, nicht dauernd völlig verzückt Wow und ähnliches zu rufen. Alle haben die Filterbrillen abgenommen und sind beseelt von diesem ewigen Wimpernschlag.

Doch binnen Sekunden sind diese unedlichen 4 Minuten 20 vorüber und der Mikrophonmann ruft auf spanisch „nur noch 15 Sekunden“ und man solle jetzt wieder die Filter anziehen. Ich mache wie manisch noch 1.000 Bilder und setze dann die Brille wieder auf, denn dann grellt die Sonne schon wieder hinter dem Mond hervor.

Plötzlich ist einfach alles wie zuvor, die Helligkeit kehrt zurück und die Wärme ist wieder da. Das Spektakel ist vorüber aber nichts ist mehr gleich. Alle sind glücklich, beseelt vom Erlebnis dieses Naturphänomens. Auch ich. Ich bin zutiefst dankbar und glücklich, daß ich diese wirklich besonderen Augenblicke mit meinem Kind erleben durfte. Etwas wehmütig bin ich nach wie vor, daß mein Großer nicht dabei ist, doch ich hoffe, er wird dieses Schauspiel später auch für sich erleben können.

Hier in Mazatlán geht jetzt die Veranstaltung zu Ende. Das Orchester spielt noch etwas, nebenan interviewt das Fernsehen im Fernsehgarten noch jemanden und im Großen und Ganzen verläuft sich nun langsam die Menschenmenge.

Wir nutzen die Lage des Platzes dazu, fix noch einmal an den Strand zu gehen und ins Wasser zu hüpfen. Schließlich ist Mazatlán ja Touristenstadt und für die Strände bekannt. Der, den wir erwischen ist nah, aber leider etwas steinig im Wasser. Obendrein ist der Pazifik zu dieser Jahreszeit frecherweise überhaupt nicht so warm wie in der Badewanne. Dennoch versuchen wir kurz unser Glück, planschen ein wenig und sammeln ein paar obligatorische Muscheln. Dann greifen wir uns mit viel Mühe ein Taxi und fahren, uns in unserer Unterkunft ausruhen.

Den Rest des Aufenthaltes verbringen wir damit, gemütlich durch die kleine Altstadt zu tingeln und dort in ein empfohlenes, anscheinend ausschließlich von Touristen frequentiertes, Restaurant zu gehen. Dann machen wir uns auf die Rückfahrt nach Mexiko City (19 Stunden Bus), wo wir noch einmal das phänomenale Anthropologische Museum besuchen, bevor es uns zum Flughafen nach Hause treibt.

Die Reise geht zu Ende und wird doch für immer in uns bleiben. Cancún am Kinderstrand, Tulum in den Cenotes, Chichén Itza und Kukulkán, der herabsteigt, Mérida mit Uxmal, dem Mayamuseum und dem Strand Progreso, Palenque mit seinen Ruinas, den kleinen Straßen, den Wasserfällen von Agua Azul und Misol-Ha, Oaxaca mit seinen bunten Wänden, dem Tule-Baum und Monte Albán, Mexiko City mit seiner überraschenden Grünheit, Frida Kahlo und Xochimilco samt Mariachis, die endlosen Busfahrten und die Freundlichkeit der Mexikaner… All dies und viele Dinge mehr haben wir erlebt und tragen sie von nun an in unseren Herzen mit uns.

Danke Mexiko!

Ciudad de México – CDMX II

Tag 2: Teotihuacán, Spaziergang mit Markt, Monumento a la Revolución, Palacio de Bellas Artes, Zócalo, …

Zweiter Tag, erster großer Ausflug. Heute: Teotihuacán.

Als dummer Europäer verfällt man schnell auf den lustigen Gedanken, all diese alten Kulturen da drüben (also für mich gerade hier drüben) hätten sich sicher gekannt und wären alle gleichzeitig dagewesen. Aber nix da, denkste Puppe! Wie überall auf der Welt, gab es auch über ganz Nord- und Südamerika etliche Kulturen über tausende von Jahren verteilt. Eine davon war die monumentale Zivilisation von Teotihuacán im Tal von Mexiko.

Denkstedir, na, die waren sicher mit den Atzteken per Du, wa? Aber wieder Pustekuchen, die kannten sich nicht mal von Ansichtspostkarten. Während die Atzteken erst so in den 1300ern dicke wurden, waren die aus Teotihuacan schon lange tot und es gab nur noch ihre Ruinen, die schon ca. 600 Jahre verlassen waren aber so ehrfurchterregend, daß die Atzteken (die sich übrigens auch nie so genannt haben) jene Stätte „Wo man zu einem Gott wird“ nannten, das soll „Teotihuacán“ auf Nahuatl, der Sprache der Atzteken, bedeuten. War wohl was.

Whatever, wir wollen da hin und alles ankucken. Tag hat begonnen, Sonne ist raus und wir machen uns auf den Weg. Pfeifen uns nen UBER ran und sagen „LOS!“. Was uns nicht sooo klar ist, ist daß man auch im UBER eine gute Stunde fährt, denn es liegt knapp 50km weit weg. Je nun, dann ist das halt so. Zurück nehmen wir halt den Bus.

Dort angekommen gönnen wir uns vor der Tür noch etwas zu Essen, denn drinnen, so heißt es, wird es nichts mehr geben und diese Konsequenz will niemand erleben. Das Drinnen ist nämlich riesig, Wikipedia sagt ca. 250 hektar. Die laufen wir zwar nicht vollständig ab, aber viel ist das schon.

Tickets sind gekauft und dann gehen wir los, vorbei an einem Parkplatz, auf dem gerade ein Pfahl mit Voladores steht. Dieses Ritual ist inzwischen UNESCO Kulturerbe und es besteht darin, daß vier Männer je ein eigenes Seil an der Spitze um den Pfahl wickeln, es dann um den Bauch knoten und sich dann rücklings am Seil runterbaumeln, wodurch sie um den Pfahl fliegen wie ein Kettenkarussell, während oben ein fünfter trommelt und flötet. Schon ne Sache! Wir also kuck, kuck, knips, knips und dann fein Danke und hier haben Sie 20 Pesos von uns für die Vorführung. Dann weiter, rein in die Anlage.

Es ist heiß und es gibt keine Bäume. Gut, daß wir Hüte haben, wir Mexikaner. Nun rein ins Kulturleben und wir beginnen ganz im Süden, beim Tempel des Quetzalcóatl. Jeder, der seine drei Worte Nahuatl beisammen hat, weiß natürlich, daß Quetzal ein buntgefiederter mexikanischer Vogel ist und Cóatl offensichtlich Schlange heißt. Also im Alltagsdeutsch die gefiederte Schlange. Wie so einigen, wurde auch dem lustig geopfert und dazu brauchte man natürlich auch einen fetten Tempel mit großer Treppe und Steinköpfen und so. Hat er bekommen und den kucken wir, als Einstieg, fleißig an.

Dann geht es weiter auf „die Straße der Toten“. Die Straße der Toten ist einiges über einen Kilometer lang und man nimmt heute an, daß sie früher noch viel, viel länger war. Rechts und links ist sie von Tempeln und anderen Gebäuden gesäumt und im ersten Abschnitt kommen alle Nase lang dammartige Querungen, unter denen man, wenn man lustig ist, durch eine Art Drainagekanal durchkriechen kann. Machen wir natürlich.

Mitten auf dem Weg stehen immer wieder die fliegenden Händler, die alles verkaufen, was so in diesem Rahmen geht, z.B. Mayakalender (die an dieser Stelle gar nicht wohnten) oder allerhand schön polierte Obsidiandevotionalien (der hier durchaus genutzt wurde). Und wieder sind alle sehr freundlich und zurückhaltend. Wenn einer was will, dann wird er schon kommen. Ich mag Mexiko.

Dann die Sonnenpyramide. Rechter Hand von uns ragt sie über die Gebäude und ist ganz schön groß. Über einen weiteren Treppendamm kommen wir in den Hofplatz davor, um den herum und in dessen Mitte natürlich weitere Tempelchen stehen. Alles ist sehr groß und weitläufig, so wie auch die Pyramide. Leider dürfen wir nicht auf sie rauf, weshalb wir die zwei Archäologen und den Hund beneiden, die das einfach dürfen. Nach Corona hat man das wohl verboten, heißt es. Schade für uns, sicher gut für die Bausubstanz. Wir laufen also unten an der Pyramide rum und kucken alles an und machen Fotos.

Dann geht es zurück auf die Straße der Toten und dort zeigt sich ein Tempel, bei dem man durch Zufall einen überbauten Teil entdeckt hat. Bei einem kleinen Erdbeben stürzte ein Teil Mauer ein und gab eine Wandmalerei darunter frei, das Mural del Puma. Man hat damals nämlich einfach sehr oft bestehende Bauten überbaut und nicht immer neues Land versiegelt, zumindest, wenn man sich über seinen Vorgänger erheben mußte, so als Herrscher zum Beispiel. Türmchen drüber, schon war man toller. Sehr praktisch eigentlich. War die Grundlage ok, konnte das lang funktionieren.

Dann gehen wir weitere hunderte Meter und kommen auf die große Plaza vor der Mondpyramide, der „kleinen“ Schwester der Sonnenpyramide. Die Größenverhältnisse dieser Anlage sind wirklich enorm und würde man sich jedes Gebäude 10 Minuten ansehen, kämen man vor morgen sicherlich nicht raus. Doch an vielem können wir nur vorbeigehen, zumal es oft nichts zu lesen gibt.

Um die Plaza herum stehen viele Stufentempel und wir laufen einmal darum herum. Dann einmal an der Seite auf eine Plattform, um ein Bild von den Außmaßen mitsamt all der ameisig anmutenden Menschen darauf zu knipsen. Gleich daneben befindet sich der Palacio del Quetzalpapálotl (Palast des gefiederten Schmetterlings, offensichtlich), den wir noch besuchen mitsamt den anliegenden Behausungen, ober- und unterirdisch.

Dann sind wir für heute durch und knille, auch wenn wir gerade mal seit 2 1/2 Stunden hier durch die Sonne tapern. Wir folgen den Schildern in Richtung Ausgang, dammeln noch etwas durch die Stände und machen uns dann auf den Weg zu den Bussen. Eigentlich wollen wir einen UBER haben, doch die fahren hier nicht raus, was ich erst nach allerhand Warten bemerke („Ihr Fahrer kommt in 20-30 Minuten“). Ein Taxifahrer von dort erzählt uns also, daß dort gegenüber immer wieder Busse in die Stadt vorbeikommen. Daher warten wir jetzt einfach auf so einen. Und siehe da, der kommt auch irgendwann und wir steigen ein und warten erst einmal weiter auf der Straße, weil der Bus nicht weiter kommt. Egal, Hauptsache sitzen. Und irgendwann geht es weiter und wir kommen langsam wieder zurück in die Stadt und sind keine 2 Stunden nach Ende der Visite schon wieder zu Hause. In Mexiko lernt man auch warten.

Nun ist es wohl fünf und es treibt mich noch mal nach draußen. Schließlich gibt es so vieles zu sehen. Lucy und Sunja sind davon nicht zu begeistern, und sind ganz zufrieden damit, sich auszuruhen.

Ich also allein vor die Tür. Huii, aufregend! Und ab, die Straße runter. Alles um mich herum ankucken! Ich komme vorbei an einer Pulquería, einer Bar, in der man Pulque bekommt, vergorenem Kaktussaft. Davon habe ich gehört, also geh ich rein, probiere drei Sorten und lasse mir eine Flasche einer Sorte abfüllen. Und weiter gehts. Die Straße runter komme ich auf eine runde Plaza mitten im Verkehrskreisel, aber tiefergebaut, mit Zugängen von unten rein. Drinnen alle ganz entspannt, es wird Straßenmusik gespielt und es prangen feministische Leitsprüche an den Wänden, offensichtlich als Teil des Platzkonzeptes. Alles sehr nett. Dann geht es wieder da raus, die Avenida Chapultepec entlang, dann in eine hübsche Nebenstraße rein, hübsche Kirche und gegenüber die Casa Universitaria del Libro UNAM, das Haus des Buches der Uni, wie nett. Dann weiter, irgendwie zurück auf die Hauptstraße, wo ich an einem Mini-mini-Park ankomme mit lustigen Granittierchen, auf denen man sitzen kann, Nashorn, Grille, Giraffe, Wal, Bär.

Aber eigentlich will ich zum Monumento a la Revolución, also gehe ich wieder über die Straße und laufe direktemang in eine Markthalle, wo ich natürlich unbedingt kucken gehen muß. Dort sehe ich mir alles an und kaufe Zeug wie einheimische Nüsse, Trockenfrüchte und Huitlacoche, einen Pilz, der Mais befällt und den man dann braten und essen kann. Gab es schon in Oaxaca im Taco, muß also probiert werden.

Dann wieder raus und den richtigen Weg zum Monument finden. Das geht vorbei an hübschen Innenhöfen, einem krassen Autofelgenladen, einem Modeevent (leider ohne Bild), Käfern, einem Laden mit Holzmotorrad sowie einem fancy verbogenen Hochhaus.

Dann bin ich da und stehe vor dem riesigen, vierbeinigen Käfer, der das Monument ist. Und ich bin zur perfekten Zeit angekommen, denn die Sonne beginnt unterzugehen und man kann mit dem Fahrstuhl rauf und runterkucken in Sonnenuntergang und Leuchtestadt. Ich also rein, doch zuerst muß man leider in den Keller, weil man dazu genötigt wird, dort die Revolution zu preisen und die zugehörige Ausstellung zu begehen. Auf ihre Revolution lassen die Mexikaner anscheinend nichts kommen.

Also abwärts und kucken. Dabei erfahre ich, daß dieses Bauwerk eigentlich Teil einer ganz anderen Sache werden sollte. Vor der Revolution plante der damalige Diktator Porfirio Díaz ein monströses Parlamentsgebäude bauen zu lassen zur Feier der 100jährigen Unabhängigkeit von den Spaniern. Während des Baus setzte man ihn jedoch ab und der Bau, bis dahin ein riesiges Stahlgerüst, blieb unfertig. Der Architekt jedoch, um sein Werk besorgt, schlug vor den zentralen Teil nun als Monument umzuwidmen. So wurden aus dem restlichen Eisenzeug Eisenbahnschienen gemacht und die Mitte wurde zum Quadratkäfer und Monument der Revolution, das bis heute besteht. Gute Sache!

Nach der Ausstellung darf ich dann auch nach oben und den Fahrstuhl unter die Kuppel benutzen. Ich bin einer der letzten Gäste des Tages und werde fein überall begleitet, damit ich auch den Weg finde. Ich befinde mich noch in der Mitte des Käfers und man weist mir die Stiege nach außen. Dort ist ein Rundgang um das Gemäuer, natürlich auch mit einem Café. Ich kucke ich einmal im Kreis nach unten und auf die Stadt und treffe dabei auf eine kleine Wartegruppe. Zu denen stelle ich mich dazu und nach nicht allzu langer Zeit bringt man uns durch eine kleine Tür und über enge Innentreppchen an die Spitze des Gebäudes.

Nun, ganz oben, sieht die Stadt drumherum mit all ihren Lichtern echt hübsch aus. Ich werde gebeten, das Kupferblech der Kuppel nicht zu zerkratzen, wovon ich augenblicklich ablasse, hatte ich es doch eh nicht vorgehabt. Wieder mache ich ein paar Rundfotos, bevor ich mich auf den Abstieg begeben muß. Drinnen in der Kuppel sieht es aus wie im Eiffelturm. Lauter Eisenstreben und enge Gänge. Auf den Etagen stehen weitere Infotafeln zu Bau und Revolution und ganz unten kann man noch etwas kaufen. Dann bin ich wieder raus.

Auf der Plaza davor spielt eine Truppe Trompete und es ist schon duster geworden. Doch es ist schön warm und nachdem ich am Straßenrand noch etwas zu trinken kaufe, geht es weiter, die Avenida Juarez entlang, in die Alameda Central, den Park daneben. Dort höre ich Musik, der ich folge und wo die spielt, tanzen die Menschen im Park Salsa oder Merengue oder irgendwas. Das finde ich sooo schön!

Gleich daneben ist der Palacio de Bellas Artes, der auch arg hübsch ist. Ich mache wieder Bilder und zeige anderen Touristen oder Einheimischen, daß der Marmorboden ein lustiges Gesicht macht.

Dann geht es weiter, die Fußgängerzone durch, die zum Zócalo führt, dem „Rathausplatz“ der Stadt, der natürlich noch vieles mehr ist. Dort steht die Kathedrale, ein riesiges Marktzelt, der Nationalpalast sowie die Reste des Haupttempels der Atzteken. Ganz schön viel auf einem Haufen. Und außerdem ist er gerade eine Baustelle und an einer Stelle hängt eine hübsche Lichtinstallation als Blumen.

Tja, nu is auch spät und ich bin wieder vier Stunden rumgelaufen und das war schön. Lucy ruft mich an, wo ich denn wohl wäre und ich solle mal ruhig wieder nach Hause kommen. Das mache ich dann auch und schnappe mir wieder einen UBER, denn mittlerweile bin ich über 7km von zu Hause weg. Das zu laufen, dauert sonst sehr lang. Also einsteigen, schwätzen, aussteigen, erzählen und dann ins Bett.

Ciudad de México – CDMX I

Heute fahren wir definitiv zu einer der wichtigsten Stationen der Fahrt: Mexico City. Hierfür habe ich uns den Luxus gegönnt, mit dem Platin-Bus zu fahren, der Business Klasse für Überlandfahrten. YeahYeahYeah! Nach all den Stunden, die wir in verschiedenen Bussen verbracht haben, fand ich das mal eine schöne Abwechslung.

Noch haben wir ein bißchen Zeit (unser Bus fährt erst am Nachmittag), was uns freut, denn Oaxaca zu verlassen ist schade. Hier gefällt es uns gut, die Stadt ist freundlich und willkommenheißend, die Straßen sind voller Straßenkunst und Käfer-Autos. Also gehen wir noch einmal ins Perro Café, Lucy und ich, während Sunja sich ebenfalls eins dieser schönen Gläser kaufen geht, die es weiter die Straße runter gab.

Das Perro Café ist schon sehr fancy, so mit Wänden voller Comiczeichnungen und auch sehr cool eingerichtet, so voll minimalistisch und so. Findet Lucy gut. So setzen wir uns also da hin und trinken Eiskaffee und Einsschokolade und lassen es uns noch vor der Fahrt noch einmal gutgehen. Dann treffen wir Sunja wieder, fangen zusammen ein Taxi und lassen uns zum Busbahnhof bringen. (Warum sagt man eigentlich Busbahnhof? Wäre Bushof nicht viel treffender?)

Am Bushof dürfen wir in die ADO Platin-Lounge, wo es umsonst Getränke und WLAN gibt. Leider schaffen wir es in der kurzen Wartezeit nicht, die mehr ausgegebenen 50,-€ wegzusaufen, wir legen es aber auch nicht ernsthaft darauf an. Dann fährt unser Bus vor und wir dürfen uns hineinbegeben. Bei Einsteigen bekommt jeder noch ein Freigetränk nach Wahl überreicht. Wir bedanken uns brav und suchen unsere Plätze. Die sind, wie auch in der Oberklasse anderer Verkehrsmittel, sehr großzügig ausgestaltet: viel Platz, lang ausklappbare Sitze, eigener Bildschirm an jedem Sitzplatz mit eigenem Kopfhörer. Gerade der Platz ist herrlich für die Beinfreiheit.

Dann geht es los in die nächsten sieben Stunden Fahrt. Es geht durch eine immer sandigere, wüstigere Landschaft, vorbei an Kakteen und Bergen, sogar einen Vulkan sehen wir, vielleicht den Istak Cihuatl (wie ich aus meinen Nahuatl-Kenntnissen weiß, bedeutet das „weiße Frau“). Den Popocatéptl sehen wir leider nicht mehr, denn irgendwann wird es spät und dunkel und aus diesem Dunkel taucht irgendwann das Lichtermeer von Mexico City auf.

Wer ab und zu nach Berlin fährt, kennt vielleicht das gefühl, ewiglich an Gehäusere vorbeizufahren, ohne wirklich durch die Statdt voranzukommen. Stellt Euch dies bitte noch in groß vor, denn CDMX ist eine der größten, wenn nicht die größte Stadt der Welt. Daher war meine Sorge gewesen, wie es in so einem Moloch wohl aussehen und zugehen mag. Wir fahren also wieder langwierig durch nächtliche Straßen, die im fahlen Laternenlicht eher gruselig aussehen, bis wir endlich am TAPO, am Terminal de Autobuses de Pasajeros de Oriente, ankommen.

Etwas knille klauben wir wieder unsere Siebensachen zusammen und suchen den Hauptausgang. Einen UBER zu rufen, scheint hier nicht so einfach, denn die Zufahrt ist komplett mit Autos vollgestopft. Doch der Fahrer ist schnell da, hält quasi auf der Straße, findet uns und hilft uns dabei, unser Gepäck in seinen Wagen zu schleppen. Nun fahren wir zur Bleibe, was nur 20 noch Minuten braucht. Diesmal ist es ein Apartmenthaus an einer Hauptstraße mit Empfangstresen und Sicherheitsmann. Der läßt uns rein und wir freuen uns (nachdem Lucy die videographische Erstbegehung gemacht hat), uns häuslich niederzulassen. Diesmal haben wir es wieder fett getroffen (Sunja hat gebucht). Neben den 34 Zimmern (2 Schlafzimmer, 1 große Wohnküche, 1 Ankleidezimmer, 2 Badezimmer) verfügt das Gebäude oben über einen Pool, einen Fitnessraum und eine Lounge mit Weitblick und Billardtisch. Außerdem befinden wir uns im Stadtteil Condesa, in dem man durch Parks und unter Bäumen fein joggen gehen kann. Wir heute jedoch nur noch schnell zum Oxxo, Feierabendbier besorgen und dann ab ins Bett.

Tag 1 – Rumlaufen, Toño, Parque Chapultepec mit Kopfaffen

Der Tag beginnt super. Sunja hat beschlossen vor aller Erwachen einfach laufen zu gehen und kommt, nach absolviertem Training, mit Churros und heißer Schokolade nach Haus. Die sind zwar für Lucy, doch ich darf auch probieren. Und auch, wenn die Churros gut sind, stimmen wir alle überein, daß nichts über die vom Markt aus Moraira geht.

Die Sonne ist auch schon wach und scheint freundlich über den Balkon ins Wohnzimmer, von wo aus ich gerade gebannt beobachte, wie hier der Müll getrennt wird, nämlich teilweise auf dem Wagen. Dann machen wir uns langsam ausgehfertig und schauen uns mal in unserer Gegend um. Die ist nämlich grüner als erwartet. Gleich hinter dem Haus liegen zwei Parks (Parque México und Parque España), was vielleicht nicht repräsentativ sein mag, aber sehr hübsch ist. Da stehen lauter Bäume mit indigofarbenen Blüten rum, was auch echt hübsch ist. Dann kommen wir auf eine Plaza, auf der die obligatorischen Stadtbuchstaben rumstehen und bevor wir das verpassen, lassen wir fix ein paar Fotos von uns davor machen. Ha! Eine Sache erledigt.

Doch langsam brummelt mein Magen, denn eigentlich will ich mit den Meedels was essen gehen. Ein Kollege daheim, der aber in echt aus Mexico City kommt, hat mir anempfohlen, La casa de Toño zu besuchen, eine Mexikanische Resto-Kette, zu der er und seine Freunde immer gern gehen. Den Rat will ich natürlich befolgen, also habe ich uns das nächste Toño-Resto rausgesucht, wo wir jetzt hingehen. Davor steht jedoch schon eine Schlange und wir müssen Nummern ziehen (echt, wirklich, ich schwör‘!). Das kann ja was werden, denke ich, doch nach wenigen Minuten werden wir an einen Tisch gesetzt und bekommen den Menübogen, einen Stift und Rat und Hilfe, wie wir damit umzugehen haben. Das ist hilfreich und ich bemerke, was in Mexiko besser läuft als in den alten Industrieländern. Während dort alles automatisiert, die Menschen wegrationalisiert, und die Arbeit auf den Kunden abgewälzt wird (Selbstbezahlkasse, Bestellpanels), wird in Mexiko dagegen alles mit Personal erschlagen. Das hilft den Kunden und die Menschen (die gibt es ja nun einmal) haben ein einkommen. Außerdem geht es dadurch hier, zumindest bei Toño, superschnell.

Frisch gestärkt, treten wir wieder auf die Straße. Diese Filiale liegt übrigens in der Zona Rosa, dem Rotlichtviertel, was ich erst begreife, als wir da sind. Naja, wirkt an dieser Stelle auch eher harmlos.

Weiter gehts. Ich will in Richtung Parque Chapultepec, aber vorher vorbei an der Mexikanischen Goldmarie, dem Ángel de la Independencia. Die steht nicht weit von Toño, einmal über die Calle Hamburgo (hihi) weg auf dem Paseo de la Reforma. Wir da hin und fein 1.000 Bilder gemacht. Dabei kommen wir auch an einer Plakette vorbei, die besagt, daß dort der 21.500ste WLAN-Punkt von Mexico City hängt. Wow! Kostenloses, offenes WLAN für alle! Dabei ist das doch noch so neu… Naja, da ist Deutschland wohl noch zig Jahre von entfernt.

Jetzt aber endlich in den Park. Der ist nur noch 20 Minuten die Straße runter. Ja, die Distanzen sind schon anders. Doch dort ist kein Verkehr mehr und wir laufen vorbei an der Estela de Luz (noch einem Monument) und einer lustigen Fledermausinstallation (als Intro zu einer Fotoausstellung) hinein in den Park. Und nachdem wir hier an noch einem Monument vorbeigelaufen sind (Monumento a la Patria), kommen wir in das fröhliche Treiben vieler Stände und Menschen, von denen witzigerweise viele kleine Affen auf den Köpfen tragen.

Wir laufen an allerhand Zeug vorbei, bis wir endlich verschiedenes Eis erwerben (eins lecker, eins naja), Sunja und Lucy kleine Henna-Tattoos bekommen und ich uns allen lustige Kopfaffen kaufe. Denn eins ist klar, nur mit lustigen Kopfaffen gehen wir hier als echte Mexikaner durch.

Und langsam werden uns auch wieder die Füße schwer. Zwar ist das Schloß von Chapultepec auch noch um die Ecke, doch das schließt gleich und da wollte, außer mir, auch keiner wirklich hin. Ist auch ok so. Wir kucken es uns noch ein bißchen von außen an und suchen dann bald den Ausgang aus dem Park. Dann machen wir uns für heute auf den Heimweg, fangen uns noch etwas zu essen und beschließen den Tag, wieder um einige Erlegnisse und Tiere reicher.

Monte Albán

Der Tag beginnt super: wie immer ist gutes Wetter und wir drei gehen zusammen laufen. Ja, echt. Runter auf die Calle José López Alavez, die direkt in die Stadt führt. Müssen auch früh raus, denn sonst wird es fix zu heiß. Außerdem muß ich so gegen 9 das Auto zurückbringen. Also laufen wir und sind voll lässig. Lucy muß außerdem für nach dem Urlaub für das Marathon-Zehntel trainieren, wo sie 4 km am Stück und möglichst schnell laufen will.

Auf der Straße sind noch wenig Touristen. Immerhin zwei weitere Läufer. Lucy wird es aber langsam schwer, doch Kleinbei geben is nich. Etwa beim Zócalo gehen wir schon mal zurück, während Sunja noch ihr Pensum klarmacht.

Lucy dagegen bekommt Kopfschmerzen und ist arg durstig. Aber wir müssen erst zurück, bevor es Wasser geben kann. Schiet. Dann holt uns Sunja ein und ich laufe vor, da ich ja das Auto wegbringen muß. Kaum unter der Dusche, kommen sie auch schon nach und Kind ist flau im Magen und während sich die Mädels hinlegen, fahre ich mal los.

Wie erwähnt, ist Autofahren hier entspannt, denn es wird pragmatisch gefahren und jeder nimmt Rücksicht auf die Situation. Dann parke ich den Wagen im Innenhof der Verleiherei, mache spießig Fotos von allen Seiten, gebe das Auto unbeanstandet ab und mache mich wieder auf die Socken.

Zuerst gehe ich in die öffentliche Bibliothek, an der ich gestern vorbeigerannt bin. Da wollte ich gern rein und siehe da, wie erwartet, ist sie ein schöner und freundlicher Ort. Bücher haben sowas aufnehmendes. Es ist ein altes Stadthaus mit zweiter Etage und offenem Innenhof, in den die Sonne scheint. Nach allen Seiten gehen Räume ab und ich setze mich in die Kinderbibliothek und greife mir ein Upcyclingbuch. Lustige Ideen drin.

Dann gehe ich weiter und komme an einer von mir noch unbetretenen Kirche vorbei, die ich natürlich sofort besuche. Wow, die ist irre! So viel Deko macht schon was her. Dann ein riesiger Altar mit Mini-Jesus und daneben ein weiterer Altar mit San Martín de Porres, der dort als Schwarzer dargestellt ist. Voll spannend, denn das findet man in Europa halt nicht. Hier gehört der in den Kanon.

Beim Rauskommen werde ich von einem Einheimischen gefragt, ob ich a movie star, ob ich Richard Gere wäre. Icke so, nee, tut mir Leid. Bin ganz harmlos (habe ich so ne dicke Nase??). Dann erzählt er mir noch, er wäre da gegenüber geboren, das sei das Haus seiner Großmutter gewesen. Aha, fein, fein. Aber ich muß dann mal weiter. Vielen Dank und schönen Tag allerseits.

Nun nach Haus zu den Meedels. Die liegen jetzt entspannt rum, wobei Lucy gar nicht so entspannt ist sondern eher etwas elend. Armes Wesen. War offensichtlich etwas dolle vorhin. Es wird noch etwas weiter ausgeruht, bevor wir uns dann aufmachen nach Monte Albán, wieder einmal Weltkulturerbe und verewigt auf dem blauen 20-Pesos-Schein. Schnell schleppe ich die beiden im Vorbeigehen in die neuentdeckte Kirche, was wohlmeinend bis gleichgültig hingenommen wird.

Dann geht es weiter zur Ticketverkaufsstelle für die Busse nach Monte Albán. Die finden wir, doch die Abfahrt ist dann noch zwei, drei Blocks weiter, wo wir in einer ziemlich schrammeligen Bude, immerhin im Schatten, auf den Bus warten. Der ist allerdings abenteuerlich und ungefedert, was hier, mit zig Bodenwellen zur Verkehrsberuhigung, ziemlich durchschlägt.

Egal, wir fahren los, Kind hängt in den Seilen und liegt über zwei Sitze verteilt. Flößen ihr immer mal etwas Wasser ein. Nach ca. 30 Minuten Schlag- und Ruckelfahrt kommen wir oben auf dem Berg an und steigen dankbar aus. Lucy ist immer noch flau und wir geben ihr Kopf- und Übeltabletten in der Hoffnung, ihr damit zu helfen. Dann geht’s rein.

Es ist heiß und sehr sonnig und das Areal bietet nur sehr wenig Schatten, zumal diese Region bekannter für Agaven und Kakteen ist als für üppig grüne Bäume. Dank unserer Hüte spenden wir uns selbst etwas Schatten und beginnen den langen Rundgang.

Auf Luftbildern oder vom Hügel aus sehen diese Flächen immer so überschaubar aus, doch wenn man auf einmal selbst eine der Ameisen auf dem Bild ist, werden die Dimensionen schlagartig ganz anders. Wir besteigen die ersten Treppen und schauen von oben auf alles hinab, stehen an der Stelle der Perspektive des 20-Pesos-Scheins. Schön windig hier oben, das tut gut. Machen Fotos, lassen Energie in uns fließen und gehen weiter zum Corte hundido, dem versunkenen Hof. Heißt so, weil er deutlich vertieft ist gegenüber dem Umland.

Plötzlich ist alles groß. Wir steigen wieder heraus, hinunter auf die Hauptebene mit lauter Tempeln mit Treppen. Der Boden ist staubig, die Sonne heiß, Lucy ist tapfer aber sehr matschig. Während Lucy und Sunja schon etwas vorgehen, lese ich fleißig alle Schilder, die ich finden kann, um den beiden zu erzählen, wo besondere Stellen sind, z.B. das Loch zur Sonnenkammer, in die bei Tag- und Nachtgleiche das Licht senkrecht einfällt und sekundenlang die Zeitenwende anzeigte. Astronomie konnten die schon sehr solide!

Dann machen sich die beiden lieber wieder auf den Weg zum Bus nach Haus, denn Lucy braucht Erholung und die ist noch fern, bei diesem Ausflug. Ich gebe ihnen noch eine Flasche Wasser mit und lasse sie ziehen.

Dann erklimme ich die 40m hohe Südtreppe und sehe mir das dortige Plateau an. Man muß sich das mal vorstellen: diese Anlage hat man damals auf dem Berg errichtet, alles glatt gemacht, Plateaus aufgeschüttet und dann all diese Gebäude gebaut. MannMannMann! Und Wasser kam aus dem 4km entfernten Fluß und vom Regen. Das war kein Ponyhof. Da hatten viele immer viel zu schleppen.

Ich klettere wieder runter und staune mich über den Rest der großen Fläche. Dann verlasse ich sie per Seitentreppe und dort finde ich das große Juego de Pelota, den Ballspielplatz. Monte Albán hatte hiervon angeblich fünf Stück. Das ist ne Macht! Hier wurde das Ballspiel noch zur Konfliktlösung genutzt, nicht zur Opfergabe an die Götter. Sicher war es auch Unterhaltung, kann ich mir vorstellen, so wie Fußball heute.

Jetzt ist es auch für mich an der Zeit, den Heimweg anzutreten, denn der Bus kommt manchmal ordentlich zu früh. An den Ständen vor dem Parkplatz kaufe ich mir noch einen Kühlschrankmagenten und Bananenchips, dann geht’s runter zum Bus. Freundlicherweise kommt der diesmal aber nur 10 Minuten früher, wodurch ich noch zwei Gebäude außerhalb der Zona Arqueologica ankucken kann. Dann heißt es sitzen und warten. Währenddessen fliegt einer Frau der Hut weg, den ich zu retten helfe, indem ich schwer verboten über den Zaun klettere. Nun endlich kommt der Bus der Verderbens und wir rattern munter, rumpelig wieder den Berg hinab, zurück in die Stadt.

Den Heimweg gehe ich diesmal durch andere Gegenden, vorbei an Anhäufungen von Barbershops, Brillen- und Sexläden. Mal ein anderer Anblick als im Touriviertel. Aber alles freundlich und harmlos. Hinter dem Zócalo finde ich wieder die lange Straße und kaufe mir dort unvorsichtigerweise ein hübsches Glas und in einem Antiquariat Pedro Páramo von Juan Rulfo, damit ich mich mal bilde.

Dann ist der Tag auch wieder zu Ende und als ich ankomme, liegt Lucy schon längst im tiefen Schlaf und erholt sich. Sunja vermutet, es hätte sie wohl ein Hitzschlag erwischt, was nach den Symptomen nicht unwahrscheinlich wirkt. Jetzt jedenfalls pflegen wir sie und das tut ihr gut.

Morgen geht es leider schon weiter. Oaxaca ist definitiv eine längere Weile Aufenthalt wert und im Grunde müßte ich auch gar nicht wieder weg. Doch Mexiko City wartet auf uns und ich habe uns aus reinem Übermut den Platin-Bus gebucht. Yeah! Für die 6 1/2 Stunden Fahrt für uns drei kostet der uns 50€ mehr und die haue ich jetzt einfach mal raus. Ich hoffe, das zahlt sich in Form von Gemütlichkeit und Komfort aus.

Oaxaca II

Ostern feiern, egal wo man ist, das ist mit Kindern einfach gesetzt. Vor ca. 1.000 Jahren waren wir mal auf Gran Canaria und da war Ostern. Lucys Hasi wußte aber genau, daß der Osterhase seinen Job schon machen würde. Und siehe da, irgendwo im Nirgendwo lagen plötzlich lustige bunte Ostersachen rum und das Kind war glücklich. Und so würde es wohl auch dieses Mal werden, auch wenn Schokoladeneier bei ca. 36°C nicht so recht in Form bleiben, was soll’s. Vater und Mutter bestachen den mexikanischen Osterhasen und er tat sein Bestes.

Wir haben uns für diesen Tag ein Auto gemietet, trotz allgemeiner Angstmache im Internetz, wie unsicher und gefährlich Mexiko doch wäre. Sowas nervt ja immens und doch kann man sich dann schwer davon freimachen, obwohl hier niemand was von uns will. Alle Welt ist superfreundlich zu uns und wir sind einfach zurück freundlich. So sollte sich doch jeder verhalten, oder nicht? Anyway, wir haben heute ein Auto von den freundlichen Menschen von Silvers Car, das Auto ist prima und alles läuft. Wir hatten mal Lust, keine Tour zu machen sondern in eigenem Tempo die Sachen abzuklappern, die wir wollen.

Das geht los mit Tlacolula, wo wir auf den Markt sollen, der nur Sonntags öffnet. Da könnten wir frühstücken und dann nach Hierve el Agua fahren. Wir also nach Tlacolula auf den Markt, der so groß wie ein eigenes Stadtviertel ist, bzw. ein Viertel wird mit Ständen vollgestellt und mittendrin ist eine große Halle, in der noch mehr verkauft und verkocht wird. Und wir haben Glück, denn gleich an der Straßenecke, wo wir ankommen, ist ein Parkplatz in der prallen Sonne frei. Wir geparkt und los.

Der Markt beginnt mit Flohmarktständen und einer Absperrkette, die ich ein paar Mitmenschen hochhalte, damit sie zu Fuß oder mit Transporträdern durch können. Bedanken sich fein und einer schwätzt mich mit „howdy“ oder so an. Icke so „howdy“ zurück und dann auf spanisch weiter. Er so, woher? Icke so, Alemania. Er so, ui! Icke so, jaja. Naja, und dann erzähle ich, daß wir halb Mexiko bereisen und er, stolzer Mexikaner, freut sich und lobpreist, völlig zurecht, seine Heimat. Dann gehen wir weiter und betreten die große Halle.

Dort empfängt uns der Bereich, in dem tote Hühner feilgeboten werden. Vor der Tür liefen schon Leute mit zappelnden Hühnern durch die Gegend und Lucy und mir wurde ganz klamm ums Herz. Hier aber sind alle Hühner schon tot und liegen, Füße zuvorderst, auf den Tischen rum. Wir gehen mal weiter, vorbei an der Schwartenfranktion und in die Halle, wo es Brot und Gebackenes gibt. Das ist mir lieber und wir kaufen mal Brötchen, die so sind wie große Hamburger Rundstücke. Alles andere ist nämlich süßes Zeug, wovon wir gerade nichts wollen. Nächste Halle Obst und Gemüse und Fische und Gekochtes. Ich kaufe mal Mangos und bestelle uns was zu essen. Es gibt Taco mit Carnita für Sunja und Lucy und Tostada con Verduras für mich. Damit setzen wir uns dann hin und stärken uns für den kommenden Tag.

Nachdem alles gegessen ist, gehen wir mal wieder los, denn der Tag macht sonst schon ohne uns weiter. Noch schnell auf ein Baño Público, damit wir das nicht später irgendwo erledigen müssen. Und ich mache fast immer die Erfahrung, daß die hiesigen Toiletten, so gut wie immer ordentlich und gepflegt sind, was ich von Deutschland leider selten sagen kann (ich sage nur Autobahn…). Dann aber los und Google weist uns den Weg in unserem jetzt schön geheitzten Wagen (God bless the Klimaanlage).

Wir wollen natürlich die mautfreie Straße nehmen, denn wer will schon Maut zahlen. Also runter von der Landstraße und in Mitla auf eine interessante Nebenstraße, die am Point of no Return von einem freundlichen Schrankenwärter bewacht wird. Der nimmt uns natürlich keine Maut ab sondern sowas wie Zugangsgebühr (mit gedruckten Tickets) zur Straße zu den Quellen von Hierve el Agua. Freundlicher Mann, wünscht uns alles Gute und schönes Schwimmen. Dann geht es bergauf auf einer sehr schotterigen Serpentinenpiste, die sich auf locker 30-40 Minuten um den Berg schlängelt. Der Berg wird immer höher, der Abgrund neben uns dafür immer tiefer. Sunja mit Höhenangst verfällt vor Gruseln in Schlaf und Lucy und ich beten, daß nur kleine Entgegenkommer entgegenkommen. Das hilft auch, und wir treffen nur 5 Vehikel, die unseren Weg kreuzen und denen wir durch Warten an breiter Stelle Platz lassen.

Und endlich hat das Hoch- und Runterschlängeln ein Ende und wir kommen am ersten Ziel an. Hierve el Agua ist eine Gebirgsquelle, die blubbernd, aber durchaus nicht kochend, wie der Name suggeriert, aus dem Fels quillt. Dann läuft das stark mineralisierte Wasser am Hang runter und hat über die Jahrtausende weiße Zapfen und Spuren hinterlassen. Sehr hübsch!

Doch jetzt ist erst Ostern dran. Hasi und ich gehen vor, um ein paar Sachen hinzuostern und schon beim aus der Tasche holen bemerke ich, daß einiges davon zu heißer Schokolade geworden ist. Egal. Watt mutt, datt mutt, wie wir Mexikaner sagen. Also am Weg zu den Quellen verteilen und Passanten sagen, daß das nicht für sie sei. Klappt, wenn auch einige Tränen in den Augen haben. Dann kommen Sunja und Lucy und finden in den wenigen schattigen Plätzchen kleine, bunte Ostersachen, hihihi. Alle freuen sich.

Am Ende des Weges gibt es drei Becken, in die man hüpfen kann und die mit grünlichem Wasser gefüllt sind. Mit 23°C ist das Wasser angenehm kühl bei den herrschenden, gefühlten 1.000°C Außentemperatur. Wir baden uns abwechselnd, sehen noch die Quellen weiter oben an und machen uns danach, gestärkt mit einer ordentlich gezuckerten Horchata, auf den Weg nach Mitla, um dort Zapotekenruinen anzusehen. Diesmal nehmen wir aber die Mautobahn, die keine Zufahrtskontrolle hat, was beim Abfahren aber nicht stört, denn die Maut beträgt sowieso 82 Pesos.

Dann Mitla. Die Ruinen sind mitten im Ort, was ungewöhnlich ist. Die alten Tempel hat der Spanier seinerzeit zum Bau der Kirche genutzt, um damit auch schön die Einheimischen zu dissen. Kein feiner Zug, war aber damals so üblich und das mit Denkmalschutz kam ja auch alles erst viel später.

Mitla ist dann auch eine vergleichsweise kleine Stätte und wir bekommen leider keinen Ballspielplatz zu sehen, der sonst in ganz Mesoamerika üblich war. Beim Ballspiel mußte ein schwerer, harter Kautschukball mit Knien, Ellbogen oder Hüfte durch die Gegend geschubst werden, mit dem Ziel, ihn durch hoch hängende Ringe zu lüpfen oder anderswie Siegpunkte zu machen. Anfänglich diente das Spiel zur Konfliktlösung (Gewinner bekommt Recht), später (bei den Maya) wurde der Verlierer den Göttern geopfert. Jedenfalls hatte jede Stadt, die was auf sich hielt mindestens einen Ballspielplatz. Mitla anscheinend nicht. Schade für die. Und ich muß sagen, Mitla ist im Vergleich zu Chichén Itzá oder Uxmal etwa so wie Hannover zu Barcelona. Da kann man halt auch leben. Man muß zur Verteidigung aber sagen, daß undank der Spanier einfach nicht viel stehengeblieben ist. Dafür stehen in Mitla schöne Kakteen und Bäume, wovon wir einen der letzteren umarmen, weil er so nett ist.

Dann wieder raus auf den Vorplatz, wo uns der freundliche Parkplatzeinweiser eingewiesen hat und wir jetzt mittenmang zwischen lauter Ständen parken. Ich verliebe mich in eine schwarze Stofftasche mit dem Gott Xólotl drauf. Nach hartem Kampf mit Lucy („Papa, kauf Dir nicht dauernd Scheiß, den Du nicht benutzt und wovon Du schon 1.000 Stück hast“), kaufe ich mir eine 1.001te Stofftasche, die voll schön ist und über die ich mich gleich freue. Hat sich also schon gelohnt.

Dann gurken wir weiter und fahren zum Árbol del Tule. Der ist wirklich ca. 2.000 Jahre alt, riesig, wiegt ca. 636 tonnen und steht mittlerweile eingezäunt bei der kleinen Kirche des Dorfes. Er ist eins der weltgrößten Lebewesen und den Zapoteken heilig und steht obendrein unter staatlichem Schutz. Eine Tafel vor dem Baum besagt, es habe mal ein reicher Händler aus Oaxaca versucht ihn den Zapoteken abzukaufen um aus dem Holz Möbel zu machen, die hätten aber zum Glück abgelehnt. Leider dürfen wir ihn nicht umarmen (dazu bräuchte man auch 55 Menschen), also werfen wir stattdessen Münzen in den gegenüberliegenden Wunschbrunnen und freuen uns, hierzusein.

Und dann ist auch mal Schluß für heute. Wir kaufen noch fix was ein und stecken es in meine total supere neue Stofftasche und dann leitet uns Frau Google nach Haus.

Autofahren in diesem Teil Mexikos ist übrigens sehr angenehm, denn man nimmt viel Rücksicht auf die anderen Verkehrsteilnehmer (ob es hier rechts-vor-links gibt, habe ich bislang nicht begriffen, aber das macht auch nichts).

Und so endet dieser Spannende Tag. Wir betreiten uns seelisch schon auf morgen vor, denn da geht es nach Monte Albán und das ist wieder riesig.