Monte Albán

Der Tag beginnt super: wie immer ist gutes Wetter und wir drei gehen zusammen laufen. Ja, echt. Runter auf die Calle José López Alavez, die direkt in die Stadt führt. Müssen auch früh raus, denn sonst wird es fix zu heiß. Außerdem muß ich so gegen 9 das Auto zurückbringen. Also laufen wir und sind voll lässig. Lucy muß außerdem für nach dem Urlaub für das Marathon-Zehntel trainieren, wo sie 4 km am Stück und möglichst schnell laufen will.

Auf der Straße sind noch wenig Touristen. Immerhin zwei weitere Läufer. Lucy wird es aber langsam schwer, doch Kleinbei geben is nich. Etwa beim Zócalo gehen wir schon mal zurück, während Sunja noch ihr Pensum klarmacht.

Lucy dagegen bekommt Kopfschmerzen und ist arg durstig. Aber wir müssen erst zurück, bevor es Wasser geben kann. Schiet. Dann holt uns Sunja ein und ich laufe vor, da ich ja das Auto wegbringen muß. Kaum unter der Dusche, kommen sie auch schon nach und Kind ist flau im Magen und während sich die Mädels hinlegen, fahre ich mal los.

Wie erwähnt, ist Autofahren hier entspannt, denn es wird pragmatisch gefahren und jeder nimmt Rücksicht auf die Situation. Dann parke ich den Wagen im Innenhof der Verleiherei, mache spießig Fotos von allen Seiten, gebe das Auto unbeanstandet ab und mache mich wieder auf die Socken.

Zuerst gehe ich in die öffentliche Bibliothek, an der ich gestern vorbeigerannt bin. Da wollte ich gern rein und siehe da, wie erwartet, ist sie ein schöner und freundlicher Ort. Bücher haben sowas aufnehmendes. Es ist ein altes Stadthaus mit zweiter Etage und offenem Innenhof, in den die Sonne scheint. Nach allen Seiten gehen Räume ab und ich setze mich in die Kinderbibliothek und greife mir ein Upcyclingbuch. Lustige Ideen drin.

Dann gehe ich weiter und komme an einer von mir noch unbetretenen Kirche vorbei, die ich natürlich sofort besuche. Wow, die ist irre! So viel Deko macht schon was her. Dann ein riesiger Altar mit Mini-Jesus und daneben ein weiterer Altar mit San Martín de Porres, der dort als Schwarzer dargestellt ist. Voll spannend, denn das findet man in Europa halt nicht. Hier gehört der in den Kanon.

Beim Rauskommen werde ich von einem Einheimischen gefragt, ob ich a movie star, ob ich Richard Gere wäre. Icke so, nee, tut mir Leid. Bin ganz harmlos (habe ich so ne dicke Nase??. Dann erzählt er mir noch, er wäre da gegenüber geboren, das sei das Haus seiner Großmutter gewesen. Aha, fein, fein. Aber ich muß dann mal weiter. Vielen Dank und schönen Tag allerseits.

Nun nach Haus zu den Meedels. Die liegen jetzt entspannt rum, wobei Lucy gar nicht so entspannt ist sondern eher etwas elend. Armes Wesen. War offensichtlich etwas dolle vorhin. Es wird noch etwas weiter ausgeruht, bevor wir uns dann aufmachen nach Monte Albán, wieder einmal Weltkulturerbe und verewigt auf dem blauen 20-Pesos-Schein. Schnell schleppe ich die beiden im Vorbeigehen in die neuentdeckte Kirche, was wohlmeinend bis gleichgültig hingenommen wird.

Dann geht es weiter zur Ticketverkaufsstelle für die Busse nach Monte Albán. Die finden wir, doch die Abfahrt ist dann noch zwei, drei Blocks weiter, wo wir in einer ziemlich schrammeligen Bude, immerhin im Schatten, auf den Bus warten. Der ist allerdings abenteuerlich und ungefedert, was hier, mit zig Bodenwellen zur Verkehrsberuhigung, ziemlich durchschlägt.

Egal, wir fahren los, Kind hängt in den Seilen und liegt über zwei Sitze verteilt. Flößen ihr immer mal etwas Wasser ein. Nach ca. 30 Minuten Schlag- und Ruckelfahrt kommen wir oben auf dem Berg an und steigen dankbar aus. Lucy ist immer noch flau und wir geben ihr Kopf- und Übeltabletten in der Hoffnung, ihr damit zu helfen. Dann geht’s rein.

Es ist heiß und sehr sonnig und das Areal bietet nur sehr wenig Schatten, zumal diese Region bekannter für Agaven und Kakteen ist als für üppig grüne Bäume. Dank unserer Hüte spenden wir uns selbst etwas Schatten und beginnen den langen Rundgang.

Auf Luftbildern oder vom Hügel aus sehen diese Flächen immer so überschaubar aus, doch wenn man auf einmal selbst eine der Ameisen auf dem Bild ist, werden die Dimensionen schlagartig ganz anders. Wir besteigen die ersten Treppen und schauen von oben auf alles hinab, stehen an der Stelle der Perspektive des 20-Pesos-Scheins. Schön windig hier oben, das tut gut. Machen Fotos, lassen Energie in uns fließen und gehen weiter zum Corte hundido, dem versunkenen Hof. Heißt so, weil er deutlich vertieft ist gegenüber dem Umland.

Plötzlich ist alles groß. Wir steigen wieder heraus, hinunter auf die Hauptebene mit lauter Tempeln mit Treppen. Der Boden ist staubig, die Sonne heiß, Lucy ist tapfer aber sehr matschig. Während Lucy und Sunja schon etwas vorgehen, lese ich fleißig alle Schilder, die ich finden kann, um den beiden zu erzählen, wo besondere Stellen sind, z.B. das Loch zur Sonnenkammer, in die bei Tag- und Nachtgleiche das Licht senkrecht einfällt und sekundenlang die Zeitenwende anzeigte. Astronomie konnten die schon sehr solide!

Dann machen sich die beiden lieber wieder auf den Weg zum Bus nach Haus, denn Lucy braucht Erholung und die ist noch fern, bei diesem Ausflug. Ich gebe ihnen noch eine Flasche Wasser mit und lasse sie ziehen.

Dann erklimme ich die 40m hohe Südtreppe und sehe mir das dortige Plateau an. Man muß sich das mal vorstellen: diese Anlage hat man damals auf dem Berg errichtet, alles glatt gemacht, Plateaus aufgeschüttet und dann all diese Gebäude gebaut. MannMannMann! Und Wasser kam aus dem 4km entfernten Fluß und vom Regen. Das war kein Ponyhof. Da hatten viele immer viel zu schleppen.

Ich klettere wieder runter und staune mich über den Rest der großen Fläche. Dann verlasse ich sie per Seitentreppe und dort finde ich das große Juego de Pelota, den Ballspielplatz. Monte Albán hatte hiervon angeblich fünf Stück. Das ist ne Macht! Hier wurde das Ballspiel noch zur Konfliktlösung genutzt, nicht zur Opfergabe an die Götter. Sicher war es auch Unterhaltung, kann ich mir vorstellen, so wie Fußball heute.

Jetzt ist es auch für mich an der Zeit, den Heimweg anzutreten, denn der Bus kommt manchmal ordentlich zu früh. An den Ständen vor dem Parkplatz kaufe ich mir noch einen Kühlschrankmagenten und Bananenchips, dann geht’s runter zum Bus. Freundlicherweise kommt der diesmal aber nur 10 Minuten früher, wodurch ich noch zwei Gebäude außerhalb der Zona Arqueologica ankucken kann. Dann heißt es sitzen und warten. Währenddessen fliegt einer Frau der Hut weg, den ich zu retten helfe, indem ich schwer verboten über den Zaun klettere. Nun endlich kommt der Bus der Verderbens und wir rattern munter, rumpelig wieder den Berg hinab, zurück in die Stadt.

Den Heimweg gehe ich diesmal durch andere Gegenden, vorbei an Anhäufungen von Barbershops, Brillen- und Sexläden. Mal ein anderer Anblick als im Touriviertel. Aber alles freundlich und harmlos. Hinter dem Zócalo finde ich wieder die lange Straße und kaufe mir dort unvorsichtigerweise ein hübsches Glas und in einem Antiquariat Pedro Páramo von Juan Rulfo, damit ich mich mal bilde.

Dann ist der Tag auch wieder zu Ende und als ich ankomme, liegt Lucy schon längst im tiefen Schlaf und erholt sich. Sunja vermutet, es hätte sie wohl ein Hitzschlag erwischt, was nach den Symptomen nicht unwahrscheinlich wirkt. Jetzt jedenfalls pflegen wir sie und das tut ihr gut.

Morgen geht es leider schon weiter. Oaxaca ist definitiv eine längere Weile Aufenthalt wert und im Grunde müßte ich auch gar nicht wieder weg. Doch Mexiko City wartet auf uns und ich habe uns aus reinem Übermut den Platin-Bus gebucht. Yeah! Für die 6 1/2 Stunden Fahrt für uns drei kostet der uns 50€ mehr und die haue ich jetzt einfach mal raus. Ich hoffe, das zahlt sich in Form von Gemütlichkeit und Komfort aus.

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