Uxmal und Progreso

Mérida ist eine nette Stadt und sie liegt dummerweise zentral zwischen 1.000 anderen Orten, die man auch alle ankucken kann und möchte. Was mich auf dieser Reise zu der sehr wichtigen Einsicht bringt, daß ich nicht alles sehen werde und kann, was ich gern sehen wollte. Dafür ist es einfach viel zu viel. Stattdessen erfreue ich mich an dem, was ich sehen kann und erlebe. Das gibt mir ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit. Sicher, wir hätten mehr Zeit in Chichén Itzá verbringen können, wenn wir früher oder mit dem Auto gefahren wären. Aber wir haben es erlebt, wie Kukulkán herabgestiegen ist und sind auf dem Großen Ballspielplatz gewesen. Das war schön und ich bin dankbar dafür. Und was kann ich mir mehr wünschen, als glücklich und zufrieden von dieser Reise zurückzukehren?

Und heute fahren wir nach Uxmal (spricht sich ‚Uschmall‘), einer weiteren großen Mayastätte, die ich Uri Ortega von Youtube verdanke. Ich hatte es eigentlich schon abgeschrieben, daß wir dort hinführen, doch Sunja meinte, wenn ich so gern dort hin wolle, fahren wir da hin. Also fahren wir zum Busbahnhof, wo wir uns den Bus dorthin schnappen wollen. Angekommen stelle ich mich an und warte kaum eine halbe Stunde, bis ich letztlich eine Buskarte bekomme, die mit dem Fahrpreis aufgeladen wird. Dann dürfen wir noch zwei Stunden warten, bis der Bus kommt. Also gehen wir raus und kucken ein bißchen in der Stadt rum.

Zunächst laufen wir auf eine kleine Plaza zu, wo Langschwanzamseln und Minitauben umherflattern. Es ist heiß und Lucy und ich gehen in der Sonne rumsitzen, während Sunja versucht, die schnurgerade Straße wiederzufinden, die wir gerade heruntergekommen sind, weil dort ein nettes Kleid in einem Laden rumhing. Schon bei zweiten Versuch findet sie die Straße und wir entspannen noch etwas vom Nichtstun. Doch dann entdecke ich eine kleine Kirche, die ich, neugierig, wie ich bin, betreten will und ich nötige mein Kind, meine Neugier zu teilen.

Drinnen sitzen Menschen und werden gerade bepredigt, was wir natürlich nicht stören wollen, weshalb wir leise an der Seite rumgehen und kucken. Es ist eine helle, kleine Kirche, in der es angenehm kühler ist als draußen und vorn liegt ein Stoß Palmblätter. Ich wundere mich, doch beim Rausgehen bemerke ich, daß ein paar Besucher sich daraus anscheinend Kreuze geflochten haben. Ist ja auch gerade Osterzeit.

Zurück auf der Plaza kommt Sunja zurück und wir wackeln weiter in die Stadt, zum Zócalo (‚ßohkalo‘), wie hier der Rathausplatz heißt, vorbei an der besten Fußgängerampel ever:

Auf dem Zócalo ist gerade Markt und neben dem obligatorischen Ortsnamensschild gibt es dort auch wieder alles Mögliche an Kunsthandwerk, Kleidung, Essen (z.B. gebackene Banane mit Mayonaise sowie Bananenchips für uns), Trinken und, aha, auch gebundene Osterkreuze aus Palmblättern. Ein Mann und eine Frau kommen mit sowas in der Hand vorbei und ich frage, ob ich das mal fotografieren dürfe, in Deutschland gäbe es das nicht (behaupte ich einfach, ohne es wirklich zu wissen). Der so, ja gern. Ich so, vielen Dank, knips, knips.

Dann wird noch ein bißchen nach Schmuck gekuckt bis wir schließlich wieder in Richtung Busbahnhof wandern. Es ist wieder einmal sehr heiß, so ca. 1.000°C, und das mit den Hüten ist zumindest gegen direkte Sonne auf den Kopf schon sehr gut. Beim Bus angekommen, warten wir noch ein wenig und dürfen dann bald einsteigen. Dies ist wieder ein Oriente-Bus und der ist etwas einfacher. Dafür wird auch die Strecke etwas rammelig und rumpelig und wir bekommen viel Landes zu sehen, Urwald und Serpentinen. Zwischendurch gibt es manchmal Haltestellen, für die man vorher zum Fahrer geht, damit er einen auch ja rausläßt. Das mache ich dann lieber rechtzeitig und schwupps, schon sind wir in Uxmal angekommen.

Wir gehen einen langen, menschenleeren dafür leguanreichen Weg entlang und ich freue mich schon, auf was uns wohl erwartet. Dann biegen wir um eine Ecke und kommen auf den großen Parkplatz vor dem Eingang. Uxmal steht dran, wir kaufen Tickets und gehen rein. Das Ticketkaufen ist hier sehr oft zweigeteilt: einmal bezahlt man die INAH, das mexikanische Anthropologie- und Geschichtsinstitut, das andere Mal die Stätte selbst. Sind auch oft zwei Schalter. Nicht wundern, einfach mitmachen.

Wir also rein und schon ist es toll, denn es ist fast menschenleer und wenn, dann Mexikaner, im vollen Kontrast zu den bisherigen Stätten, die täglich mit Touristen überlaufen sind. Neben den wenigen mexikanischen Menschen, laufen hier überall sehr viele mexikanische Leguane rum, die sich auf den Ruinen sehr malerisch ausnehmen.

Der Eingang zum Gelände liegt direkt vor der tollen, großen Pyramide, die mal ganz anders aussieht als die üblichen, eckigen Pyramiden. Sie ist nämlich „rund“. Und wir sofort darauf zu, um vor ihr zu klatschen, wie wir es von Uri Ortega kennen und natürlich antwortet uns auf jedes Klatschen der Quetzal:

Dann geht es weiter rein. Ballspielplatz, Wassersammelkavernen, Tempel hier, Tempel da, alle mit von Spaniern erfundenen Namen: Das Haus der Schildkröten, der Nonnenhof, der Taubenschlag. Liegt aber auch daran, daß viele Maya-Orte schon verlassen waren, als die Spanier kamen. Da hatte es schon zuvor einen großen Exodus gegeben. Man nimmt an, wegen zu starker Entwaldung und Kollapses des Ökosystems. Gibt aber wohl wenige archäologische Belege. Jedenfalls war ganz Yucatán zur Maya-Klassik kräftig bebaut und gerodet.

So vertreiben wir uns den Nachmittag mal in praller Sonne, mal im Schatten sitzend und genießen diesen besonderen Ort, bis wir nicht mehr können und zur Bushalte schlendern. Eigentlich hatten wir noch eine Cenote gesucht, doch die auf Google Maps eingezeichnete, gab es gar nicht. Sonst hätten die Maya damals wohl kaum künstliche Zisternen für Regenwasser angelegt. Naja. Dafür gibt es an der Bushaltestelle noch ein Schokoladenmuseum, das wir flink besuchen gehen. Leider weiß man hier nie so genau, ob der Bus früher oder später kommt, weshalb wir etwas kurzatmig durch das sehr nett gemachte Museum hetzen und zum Schluß sogar noch an einer Verkostung heißer Schokolade teilnehmen dürfen. Ganz anders als unsere, recht herb und gern mit Chili oder Zimt genossen.

Dann aber stürzen wir wieder aus dem Eingang und setzen uns an die Bushaltestelle, wo der Bus natürlich noch eine halbe Stunde nicht kommt. Aber vorher weiß man es hier halt nie. Dort sitzt noch ein Mann, mit dem wir uns nett unterhalten. Der ist auch schon in Europa gewesen, Schweiz, Deutschland besucht, und wir erzählen so von unseren Plänen. Dann kommt der Bus, alle steigen ein und wir rumpeln zurück nach Mérida. Alles geschafft, Tag vorbei, alle müde und zufrieden. Morgen geht’s an den Strand.

Und der Morgen kommt und wir gehen diesmal zu einer anderen Busstation, von der aus ausschließlich nach Progreso, dem Strandstädtchen im Norden von Mérida, gefahren wird. Kostet fast nix (25 Pesos pro Person und Richtung ~1,50€) und die Busse gehen von angenehm gekühlt bis schrammelig, voll und heiß. Dann fahren wir eine Stunde und erreichen den Ort am Meer.

Zunächst laufen wir aus dem falschen Ausgang, finden dann den rechten Pfad wieder, gehen kurz in einen lokalen Innenmarkt, kaufen dort nichts und flanieren weiter in Richtung Strand. Dort begrüßt uns ein kleiner Dino in Effigie und ich muß hier kurz ergänzen, daß sich an diesem Orte vor allerhand Zeit das Schicksal der gesamten Menschheit auf dramatische Weise gewandelt hat. Hier nämlich, schlug vor kaum 65 Millionen Jahren der große Meteorit ein, der den Dinosauriern den Garaus gemacht hat. Seitdem ging es bekanntermaßen rapide bergauf mit der Menschheit.

Doch wir sind des Strandes wegen hier und der Strand ist wahrlich ein Strand. Alles voller Sand, warmem, karibischem, türkisem Wasser und allerhand fliegender Händler mit Melone, Mango und wasnichtallem. So platzieren wir uns gekonnt mittenmang mit Blick aufs Wasser und auf die längste Mole der Welt (ragt 8 Kilometer lang ins Meer und ist Mexikos Stolz). Zuerst gehen Lucy und ich ins Wasser und planschen, dann Sunja mit Lucy und dann schwimmt Sunja mal ein paar hundert Meter zum Training. Währenddessen suche ich um unser Handtuch herum Muscheln, denn einer muß das ja tun. Dabei finde ich ein schönes Bruckstück mit abgerundeten Kanten, das ich als Handschmeichler in die Hosentasche stecke und seither mit mir rumtrage. Dabei fotografiere ich Hasi, wie er das Strandleben genießt.

Doch irgendwann ist genug gebadet und wir machen uns auf den Rückweg gen Mérida, von wo aus wir noch abends den Bus nach Palenque nehmen werden. Also auf zum Busterminal. Die Idee hatten wir aber nicht ganz allein, denn jetzt steht dort eine Schlange von zig Metern Gemensch, die alle auf einen der nächsten Busse warten. Man kann schnell einsteigen, wenn man bereit ist, die Stunde zu stehen oder man muß länger warten, wenn man sitzen will. Wir wollen sitzen und nach nur etwa einer halben Stunde sind auch wir dran und kommen in einen schrammligen Bus, aber Hauptsache wieder los.

Wir fahren zurück, vorbei an den Mangrovensümpfen von Chicxulub, die ich leider irgendwie verpenne zu fotografieren. Weiter gehts, vorbei an allerhand Orten, bis wir wieder in Mérida ankommen. Dort ist es schon dunkel aber unsere Abfahrt dauert immer noch lang genug, daß wir uns noch ein bißchen durch die Innenstadt tummeln. Wichtig ist, den Schokoladenladen Ki’Xocolatl zu finden, for obvious reasons. Den finden wir auch und plündern ihn. Das heißt, wir besorgen Schokoladentafeln, Kakaobutterseife, Trinkschokoladebruck zum Aufgießen und noch dies und das. Ein schöner Laden und wir geben auch nur eine halbe Miliarde Maak aus, viel weniger als befürchtet.

Dann ist alles erledigt und wir machen uns auf den Weg, das Gepäck zu holen und zum Busbahnhof zu kommen. Dabei laufen wir noch etwas durch das nächtliche Mérida und entdecken hübsche und unerwartete Dinge, wie die Plakette zum ersten mexikanischen Feministenkongress von 1916, ein deutsches Kaffeehaus und farbenfrohe Straßen.

Wie schade, daß wir schon gehen müssen.

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